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[800] Am besten dient mein Auge blinzend mir;

Denn unbeachtet geht der Tag an ihm vorüber:

Allein im Schlaf, im Traume sieht's nach dir

Aus Nacht in Helligkeit, nachthell hinüber.

Du, dessen Schatten nun die Schatten so erhellt,

Wie wird am Tag erst deines Schattens Wesen

Mit seinem höchsten Licht erfreun die Welt,

Wenn blinde Augen schon am Schatten so genesen!

Wie selig, sag' ich, wär mein Auge nun,

Hätt' ich am heitern Tag erst dich gewahrt,

Wenn öde Nacht den Augen, wie sie ruhn,

Dein schönes bleiches Trugbild offenbart.

Mir scheint Nacht jeder Tag, getrennt von dir,

Und Nächte hell wie Tag, zeigst du im Traum dich mir.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 2, Berlin: Aufbau, 1975, S. 800.
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