[Widmung]

Ihro Königlichen Majestät, der Königin

Friederike Wilhelmine Karoline v. Baiern,

gebornen Prinzessin von Baden,

ehrfurchtsvoll geweiht


von der Verfasserin.
[3]

Du blicktest hold auf meine schwachen Lieder

Von Deines Thrones Majestät herab,

Und auf mich sank ein hehrer Lichttag nieder,

Der meinem Leben neuen Zauber gab;

O schöner Tag, umwallt von Rosendüften!

O lichter Stral in meinem Lebenslauf!

So steiget hinter dunklem Nachtgewölke

Des Tages Herold heilverkündend auf!

Und die verklärten Wonneblicke heben

Sich freudiger empor zum schönern Leben!


Als um der Wesen fabelhafte Träume

Die kalte Hülle finstrer Meinung lag,

Ertönten Melodieen durch die Räume,

Und sangen leis' verwandte Seelen wach,

Im hehren Lichtglanz ihrer Regionen

Bewegte sich geweihter Sänger Lied,

Wie von des Schönen klaren Silberwogen

Die Harmonie der Wirklichkeit entflieht,

Und durch das Götterland von Idealen

Erschimmerten der Wahrheit lichte Stralen.
[5]

Wie selig, wem im unentweihten Busen

Die zarte Blüthe der Empfindung lebt,

Wer, hochbegeistert, in dem Schooss der Musen

Das Göttliche nur zu besingen strebt!

Ich stehe bebend an des Pindus Schwelle,

Und höre der Geweihten Feierlied,

Seh', dass vergebens sich von ihrem Kranze

Der Einfalt Sinn, ein Reis zu haschen, müht;

Doch, wo sich Hohes will zum Schwachen neigen,

Wird gütig auch des Kenners Blick sich zeigen!


Was die Empfindung sang in stillen Stunden,

Entfloss ihr leicht auf regellosser Spur,

So sang ich kunstloss, was ich rein empfunden,

Allein gepflegt am Busen der Natur!

Dir weih' ich schüchtern diese leisen Töne,

Obgleich mein Lied nie Deinen Namen nennt,

Wer kennt, wie Du, das Heilige, das Schöne?

Die Güte, die sich nie vom Hochsinn trennt?

Mag auch nur schwach die Muse aufwärts schweben,

Unsterblichkeit wird ihr Dein Name geben!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. III3-VI6.
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