Hymne an Gott

[14] Zu dir! zu dir soll sich mein Geist erheben,

Vor dessen Glanz der Seraph sich verhüllt,

Vor dem die Kordilleras-Massen beben,

Der Aetnas Feuerschlund mit Flammen füllt!


Dein Wink gebeut! es fahren Blitze nieder,

Im Feuer schwimmt der weite Ozean;

Es rollen tausend laute Donner nieder

Und Meeres-Wellen schlagen himmelan!


Du wallst auf weissbedeckten Alpenhöhen,

An deren Fuss der Rheinstrom laut sich wälzt;

Im Frühlings-Säuseln; in der Linde Wehen,

Im Sonnenstral, der Eis-Gebirge schmelzt!


Du wohnst im Thal auf hoher Eichen Wipfel,

Am Silberbach, der sich durch Fluren giesst,

Dich find' ich auf des Cimborasso Gipfel,

Der stolz und kühn die nahen Wolken grüsst!


Der Erde grosses göttliches Gebäude

Entrollte deinen Händen wie ein Ball;

Du gabst ihr Sonn' und Sternen zum Geschmeide,

Den ungeheuern Ozean zum Wall.
[15]

Dich preisst der Kolibri mit Purpur-Flügeln,

Der Leviathan und des Löwen Muth;

Vom Sternenplan bis zu der Erde Hügeln

Tönt alles freudig: Gross ist Gott und gut!


Ich jauchze mit in diese Harmonieen,

Vom Staube steigt mein Geist zu Gott empor;

Ich höre Harfen-Töne, Melodieen

Der Seligen im grossen Geister-Chor!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 14-16.
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