Danklied

[33] Nach Bürger


Auf, schwinge dich mein Lied empor,

Hinauf ins höh're Sänger-Chor,

Des Dankes Thräne ströme hin,

Wo Myriaden Geister knie'n!


Da werd' mein tiefempfundner Dank

Zum Jubellied, zum Hochgesang,

Für jedes Glück, das Gottes Hand

Im Freudenkranze für mich wand!


Dass meine rege Phantasie

Sich Welten schafft voll Harmonie,

Dass ich in ihrem Ozean

Mir freudenquellen öffnen kann;


Und dass mit hoher Schöpferkraft,

Mein Geist sich edle Freuden schafft;

Dass ich, erfüllt mit reinem Sinn,

Kein Sklave niedrer Freuden bin;


Dass mir der Wahrheit ew'ges Licht

Durch dunkle Labyrinthe blicht,

Wenn forschend sich nach ihr mein Geist

Aus seines Irrthums Schranken reisst:
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Dass mir Gesang und Harfenlaut

Vor Tausenden ward anvertraut,

Dass er mich auf des Liedes Flug

Zu unbekannten Welten trug;


Dass dort von ew'ger Blüthen Höh'n

Mir Düfte hold entgegen wehn,

Und in der Sehnsucht bittrem Schmerz

Den Blick erheben himmelwärts;


Dass mir im Tempel der Natur,

Im dunkeln Hain, auf grüner Flur,

Wo Philomelens Lied erschallt,

Entzückung durch die Seele wallt;


Dass dieses Herz so froh und warm

Hoch schlägt in edler Freunde Arm,

Dass mancher biedre brave Mann

Mit hellem Geist mich lieb gewann:


Dies alles kommt, o Gott! von dir!

Mein Daseyn weih' ich freudig dir,

Bis ich dereinst vor deinem Thron

Dir dank' in höherm Sängerton!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 33-35.
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