Zweisilbige Charade

[271] Ich schwebe hold um jeden Erdenkreis,

Am Indus bin ich, wie an Grönland's Eis;

Ich hebe dich mit meinem mächt'gen Flügel

Bis in die Nähe duft'ger Wolkenhügel;

Verlass' ich dich, bist du dem Orkus nah,

Dann liegt erstarrt die kalte Leiche da.

Mein Zweites kündigt Rang und Reichthum an,

Stolz sprengt das Ross die Veste dort heran,

In meinen Räumen ist viel Pracht und Schimmer,

Auch sich're ich Schatulle, Haus und Zimmer.

Vereinigt scheuch' ich oft den Grillenfang,

Beschäft'ge selbst den Weisen stundenlang;

Der eine schwelgt in schönen Idealen,

Der andre pflegt sich Reichthum nur zu malen,

Und jeden treibt sein eigner Genius

Zu diesem süssen flüchtigen Genuss.

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 271-272.
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