Dreisilbige Charade

[278] Ich bin ein Pflänzchen zart und grün,

Und sprosse, wo die Mandeln blühn;

Der Rose gleichet meine Blüthe,

Doch übertreff' ich sie an Güte.


Das Edelste von mir erhält

Der erste Kaiser auf der Welt;

Erwärmend die erstarrten Herzen,

Beleb' ich sie zu muntern Scherzen.


Mein Zweites ist ein Feuerschlund,

Und macht dir frohen Jubel kund;

Auch tödtet es in Jägerhänden

Den stolzen Hirsch von sechszehn Enden.


Ja, alles Uebel, was die Welt

Und ihre Freuden uns vergällt,

Entfloh zur unglücksel'gen Stunde

Einst meinem giftgefüllten Schlunde!


Vereinigt dien' ich oft zur Zier,

Und bald auch zum Gebrauche dir;

Du öffnest mich, und unter Scherzen

Begegnen sich oft fremde Herzen!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 278-279.
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