Ostern.

[148] In vielen sächsischen Dörfern gehen die Einwohner noch am Ostermorgen auf eine Anhöhe vor dem Dorfe, den Sonnenaufgang zu erwarten. Sie sehen dann wie die Sonne, wenn sie aufgeht, drei Freudensprünge thut.

Vor Sonnenaufgang, und bisweilen schon in der Nacht zwischen elf und zwölf, holt man das Osterwasser. Es muß aus fließendem Gewässer stromab geschöpft werden, und man darf, während man es schöpft, nicht sprechen: sonst verliert es seine Kraft. Man sprengt es im ganzen Hause umher, und es schützt vor Ungeziefer. In einzelnen Dörfern, wie in Schlettau und Passendorf bei Halle, trinkt man auch davon und wäscht sich damit, und man ist dann für das ganze Jahr sicher vor Krankheiten: auch das Vieh, das man damit wäscht und tränkt, bleibt gesund.

Quelle:
Emil Sommer: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen 1. Halle 1846, S. 148.
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Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen
Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen 1845: Mit Sagen aus Halle