Achter Auftritt

[27] Vorige. Rocco, Leonore aus dem Garten.


ROCCO. Was habt ihr denn beide wieder zu zanken?

MARZELLINE. Ach, Vater, er verfolgt mich immer.

ROCCO. Warum denn?

MARZELLINE. Er will, daß ich ihn lieben, daß ich ihn heiraten soll.

JAQUINO. Ja, ja, sie soll mich lieben, sie soll mich wenigstens heiraten, und ich –

ROCCO. Was? Ich sollte eine einzige Tochter so gut gepflegt Er streichelt Marzelline am Kinn, mit so viel Mühe bis in ihr sechzehntes Jahr erzogen haben, und das alles für den Herrn da? Er blickt lachend auf Jaquino. Nein, Jaquino, von deiner Heirat ist jetzt keine Rede, mich beschäftigen andere, klügere Absichten.

MARZELLINE. Ich verstehe, Vater. Zärtlich leise. Fidelio!

LEONORE. Brechen wir davon ab. – Rocco, ich ersuchte Euch schon einige Male, die armen Gefangenen, die hier über der Erde wohnen, in unsern Festungsgarten zu lassen. Ihr verspracht und verschobt es immer. Heute ist das Wetter so schön, der Gouverneur kommt um diese Zeit nicht hierher.

MARZELLINE. O ja! Ich bitte mit ihm!

ROCCO. Kinder, ohne Erlaubnis des Gouverneurs?

MARZELLINE. Aber er sprach so lange mit Euch. Vielleicht sollt Ihr ihm einen Gefallen tun, und dann wird er es so genau nicht nehmen.

ROCCO. Einen Gefallen? Du hast recht, Marzelline. Auf diese Gefahr hin kann ich es wagen. Wohl denn, Jaquino und Fidelio, öffnet die leichteren Gefängnisse. Ich aber gehe zu Pizarro und halte ihn zurück, indem ich Gegen Marzelline. für dein Bestes rede.

MARZELLINE drückt ihm die Hand. So recht, Vater.


Rocco ab in den Garten. Leonore und Jaquino schließen die wohlverwahrten Gefängnistüren auf, ziehen sich dann mit Marzelline in den Hintergrund und beobachten mit Teilnahme die nach und nach auftretenden Gefangenen.


Quelle:
Ludwig van Beethoven: Fidelio. Stuttgart 1970, S. 27-28.
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