[O weh der schwinden trawrigkeit!]

O weh der schwinden trawrigkeit!

Was wird die Mutter sagen?

O weh, was bitter hertzen leid?

Was heulen, vnd was klagen?
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Ach trawre du schöns wäldelein,

Darin die that beschehen;

Ach trawret ihr Waldvögelein,

Die ihrs vielleicht gesehen.


Ja trawret auch ihr grüne zweig,

Last alle bletter reisen,

Für leid must ihr verwelcken gleich,

Ohn safft, vnd ohne speisen.


Ach frommes Kind: wie bist gesinnt?

O gluck, wo bist verblieben?

Ein böser Wind: es hat geschwind,

Geschwind in lufft getrieben.


Ach, ach, daß mans nit vorgesehn!

Was gluck war dir in henden?

Nun ist es hin: es ist geschehn:

Mans nunmehr nit mag wenden.


Fürwar das glück: hat seltzam tück,

Bald kompt es anher lauffen,

Geht bald zu rück: übt seine stück,

Stöst alles vber hauffen.


Ach Tochter, aller Töchter Cron!

O weh, nur weh dir armen!

Nur lauter leid wird dir zu lohn;

O Gott laß dichs erbarmen.


Quelle:
Friedrich Spee: Sämtliche Schriften, Band 2, München 1968, S. 300-301,340-341.
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