Neunter Auftritt.

[276] Die Vorigen, Constanze.


CONSTANZE zu Trübe. Willkommen lieber Vater.[276]

TRÜBE. Guten Morgen meine Tochter. Nun? Wie geht's Dir?

CONSTANZE. Gut – Nur – – –

TRÜBE. Was Nur?

CONSTANZE. Daß ich eben heute mich verbinden soll? – – –

TRÜBE. Du hast doch gegen die Heirath nichts einzuwenden? ich hab' Dir schon gesagt, ein armes Mädchen wie Du, muß trachten gut versorgt zu werden. Herr Bast hat einen guten dauerhaften Dienst, denn er lebt von Narren, und die gehn nie aus; er hat ein kleines Vermögens und erbt itzt seinen Bruder, der durch seine Handlung einen ansehnlichen Reichthum erworben hat.

BAST weinend. Ach! der arme Bruder! wenn ich ihn mit all dem meinigen retten könnte, wie gern würd' ich es thun!

CONSTANZE. Ist er rode?

BAST. Noch nicht. Gottlob! er ist aber alle Minuten zum Abscheiden. Und wer weiß ob ich ihn noch lebendig treffe. Ich muß noch heute hin, und werde erst morgen zurückkommen. Ich will mich also gleich mit Dir verbinden lassen.

CONSTANZE. Das ist ein hartes Begehren. In dem Augenblick, da Sie mein werden, soll ich mich von Ihnen getrennt sehen! das hieße mit Trauern in Ehstand treten. Denn neue Ehleute sind doch wenigstens den ersten Tag gern beysammen. Warum wollen Sie mich also der Unannehmlichkeit aussetzen, mich aus der Stelle zur Strohwitwer gemacht zu sehn![277]

BAST. Ach! das allerliebste Kind! wie Sie mich liebt! Aber sieh' nur liebes Püppchen! Ich bin gern Deines Besitzes gewiß.

CONSTANZE. Das sind Sie ohnedies. Ich bin ja ganz in Ihrer Gewalt. Sehn Sie nur, es ist doch immer besser mit freyem Herzen, mit Munterkeit in Ehestand zu treten. Wir wollen Ihre Zurückkunft erst abwarten; vielleicht bessert es sich auch mit Ihrem Bruder, stellen Sie sich alsdenn die Freude vor, wenn er unsrer Hochzeit beywohnen könnte.

BAST. Ach das hoff' ich nicht!

CONSTANZE. Man kann nicht wissen. So lange der Mensch noch athmet, ist immer noch Hoffnung vorhanden. Und dann nehmen Sie nur, wie es die Weit auslegen würde, wenn Sie gerade sich verheirathen, da Ihr Bruder am gefährlichsten darnieder liegt. Er selbst, wenn er's erführe, könnte es so übel nehmen, daß er sein Vermögen andern vermachte.

BAST. Ach das besorg' ich nicht. Er ist leider schon zu schlecht der gute Bruder, als daß er im Stande wäre etwas zu erfahren, und sein Vermögen kann er seinem andern als mir vermachen.

TRÜBE. Man kann doch nicht wissen, lieber Herr Bast – meine Tochter hat darinn nicht Unrecht – – – Sie denkt auf Ihr Bestes.

CONSTANZE. Ja, das allein hab' ich nur vor Augen. Glauben Sie denn es kränke mich nicht, daß ich Sie auf eine Zeit verlieren soll, und daß sich unsre Hochzeit verzögern muß? aber was ist zu thun – – Ich[278] will mich gern zum warten verstehen, da es Ihr Glück erfordert.

BAST. O Du kleiner lieber Engel! Laß es gut seyn, ich bleibe längstens nur einen Tag aus.

CONSTANZE. Das ist mir eben nicht recht!

BAST. Nun so will ich sehen, daß ich heute noch zurück kommen kann.

CONSTANZE. Ums Himmelswillen! Nein! Meinetwegen kommen Sie um keine Minute früher zurück, als es Ihre Geschäfte erlauben. Ich würde mir einen ewigen Vorwurf machen, wenn ich Schuld daran wäre, daß etwas versäumt würde!

BAST. O Du Zuckermund! Zu Trübe. Hätten Sie wohl geglaubt, daß sie mich so lieben würde?

TRÜBE. Nein, wahrhaftig, ich hätte mir's nicht träumen lassen.

CONSTANZE zärtlich und mit Entzücken.

Dem, den meine Seele liebt,

Ist mein ganzes Wesen eigen;

Ihm allein wünsch ich zu zeigen,

Daß nur das mein Herz betrübt,

Was ihm Gram und Leiden macht,

Und daß nur bey seinen Freuden

Meine ganze Seele lacht.

BAST. O Du Goldkind! Nun ich will alles thun was Du verlangst. Und damit Dir die Zeit nicht lang wird, will ich Deinen Vater bitten, daß er indessen hier bleibt

CONSTANZE. Das ist wirklich unnöthig. Das Andenken an Sie wird mich beschäftigen genug. Ma[279] chen Sie nur, daß Sie bald fortkommen, so hab' ich alsdenn nur auf Ihre Zurückkunst zu denken.

TRÜBE. Recht meine Tochter. Aber ich bleibe doch da; ich kann auf die Art einen ganzen Tag die Freude haben alle Narren zu sehen.

BAST. Meine Anstalten sind schon gemacht. Längstens in einer halben Stunde reise ich ab.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 276-280.
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