Zehnter Auftritt.

[328] Constanze, Trübe, Clärchen, Bast.


TRÜBE. Was ist das? ich höre, ja meinen Schwiegersohn rufen?

CLÄRCHEN. Ja leider! Eben schließ' ich ihm auf.

Bast tritt ganz verstört ein.


TRÜBE. Was seh' ich! Sie sind schon zurück? Sie können ja kaum dort gewesen seyn?

BAST läuft in der heftigsten Bewegung hin und wieder. Das bin ich auch nicht. O! Ich bin außer mir – ich glaube der Schlag muß mich treffen.

TRÜBE. Ums Himmelswillen! Warum? Ihr lieber Bruder – – –

BAST. Ist tod! Und was das ärgste dabey ist, ich glaube er ist verdammt; denn er hat ein Testament gemacht, und mir keinen Pfennig darinn vermacht.

TRÜBE. Was? keinen Pfennig?[328]

BAST. Nichts! Nichts! – Was man nichts heißt. Der Teufel hat ihn ganz gewiß in Klauen! – Ach! wenn er nur wenigstens am Galgen gestorben wäre! Der Betrüger! – – Was das für eine Kohlbrandtschwarze Seele ist! Mir nichts zu vermachen! Dreyßig Jahre war der Schurke so arm wie eine Maus – und es geht nimmermehr richtig zu – ich hab's oft gedacht, er hat ganz gewiß falsches Geld gemacht, denn er hat erstaunend viel hinterlassen. Ach! wenn nur das Gericht so klug wäre, seine ganze Verlassenschaft in Beschlag zu nehmen und seinen Rumpf an Galgen zu hängen!

TRÜBE. Wie? so einen lieben Bruder? den Sie so außerordentlich liebten?

BAST. Konnt' ich mir vorstellen, daß er so eine abscheuliche Seele hätte! – – Mir nichts zu vermachen! – – – Der Advokat, der ihm das Testament gemacht hat, begegnete mir eine Stunde von hier und erzählte mir, daß er ihn ausdrücklich erinnert habe, er solle nicht auf mich vergessen; der Teufelsbraten hat ihm aber geantwortet: »Mein Bruder ist ohnehin reich und bedarf meiner Erbschaft nicht; ich habe nothdürftigere Anverwandte, auf die ich zu denken habe.«

TRÜBE. Und wer sind diese nothdürftigern Anverwandten?

BAST. Das weiß der Teufel, der ihn itzt ohne Zweifel dafür zausen wird. Ich habe vor Aergerniß nicht gefragt, und bin nur gleich wieder umgekehrt und wieder nach Hause gefahren. – – Aber itzt[329] will ich zum Advokaten, und hernach doch hin, und alles in Beschlag nehmen.

TRÜBE. Das thun Sie. Nehmen Sie alles weg was Sie fortbringen können – Was man hat, hat man, – her nach führen Sie erst Prozeß.

CLÄRCHEN die auf einmal Muth bekommt. Das thun Sie lieber Herr. – – Ich bin hier wie auf Kohlen gestanden. Das ist ein abschculicher Mensch, Ihr Bruder – – Wir waren so froh, daß Sie so geschwind wieder kommen – – denn wir glaubten es wäre alles in guter Ordnung, und hofften heute noch Hochzeit zu haben – – und itzt – sehen Sie nur wie sich die arme Mamsell betrübt. – – Denn nun ist nicht dran zu denken – – Sie müssen wieder fort – – da ist keine Zeit zu verlieren.

TRÜBE. Kein Augenblick, wer vorkömmt, mählt vor!

BAST zu Constanze, die sich stellt, als ob sie weinte. Bestes, liebstes Kind! tröste Dich mein Engel.

CONSTANZE. Ach! was kann ich mich trösten! kaum seh' ich Sie, muß ich Sie wieder verlieren, und wer weiß noch wie lange.

BAST. Ich geb' Dir mein Wort, ich komme morgen Abends oder spästens übermorgen Mittags zurück. Zu Trübe. Das Engelskind! Wie sie mich liebt! Es ist unglaublich!

CLÄRCHEN. Machen Sie nur daß Sie fortkommen. Sie kommen desto geschwinder wieder! der abscheuliche Leise. liebe Bruder! Was er uns für einen Streich spielt.[330]

BAST.

O! so ein Hund ist nicht mehr werth,

Als daß er in die Hölle fährt!

Das wird ihm auch gewiß nicht fehlen,

Die Teufel werden ihn schon quälen;

Er ist gewiß schon dort,

An dem verdienten Ort.

Siedendes Pech, glühendes Eisen

Sind nun sein Trank und seine Speisen,

Starrender Frost, schmelzende Hitze,

Sind nun sein Bett, und seine Sitze;

Und immer dabey

Ein Zeter – Geschrey.

Hu! wie mir's übern Rücken fährt!

Jedoch er ist nichts bessers werth.


Bast geht ab, Trübe folgt ihm.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 328-331.
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