Siebenundsechzigstes Kapitel.

[104] Unter einigen kleinen, aber werthgehaltenen Geschenken, welche der arme Tom, des Korporals unglücklicher Bruder,[104] diesem zugleich mit der Nachricht von seiner Verheirathung mit der Judenwittwe herübergeschickt hatte, befanden sich auch:

Eine Monterokappe und zwei türkische Tabakspfeifen.

Die Monterokappe werde ich gelegentlich beschreiben. Die türkischen Pfeifen waren nichts Besonderes; sie waren ganz auf gewöhnliche Art ausgestattet und verziert, hatten biegsame, mit marokkanischem Leder und Golddraht umwickelte Röhre und das Mundstück der einen war von Elfenbein, das der andern von schwarzem Ebenholz.

Mein Vater, der jedes Ding von einer andern Seite ansah als andere Leute, pflegte zum Korporal zu sagen, er müsse diese beiden Geschenke nicht sowohl als ein Zeichen der Zuneigung, als vielmehr als einen Beweis für die Reinlichkeitsliebe seines Bruders betrachten. – Denn das, Trim, sagte er, ist klar. – Tom wollte die Kappe des Juden nicht tragen und nicht aus seinen Pfeifen nicht rauchen. – Trim antwortete dann jedesmal: Gott bewahre, Ew. Gnaden (es klang aber anders), wie wäre das möglich! –

Die Monterokappe war scharlachen, vom feinsten, in der Wolle gefärbten spanischen Tuche und rings mit Fell besetzt, nur die vordere Seite nicht, die ohngefähr vier Zoll breit mit einer zarten blauen Stickerei bedeckt war; sie schien einem portugiesischen Wachtmeister, nicht zu Fuß, sondern zu Pferd, wie das Wort schon besagt, gehört zu haben.

Der Korporal war nicht wenig stolz darauf, theils um ihrer selbst willen, theils des Gebers wegen, und trug sie nie oder selten anders als an hohen Festtagen. Trotzdem diente wohl nie eine Monterokappe zu so verschiedenen Zwecken: denn in allen streitigen Fällen, mochten dieselben nun den Kriegsdienst oder die Küche betreffen, überall, wo der Korporal sich im Recht wußte, schwor er bei ihr, oder setzte sie als Wette ein, oder verschenkte sie.

Im vorliegenden Falle verschenkte er sie.

Dem ersten besten Bettler, der da kommt, sagte der Korporal, will ich meine Monterokappe schenken, wenn ich das Ding nicht zu Sr. Gnaden Zufriedenheit zu Stande bringe.[105]

Die Ausführung fand schon am nächsten Morgen statt; es war der Tag, an welchem der Sturm auf die Contrescarpe zwischen der untern Schleuße, mit dem Andreasthor zur Rechten und dem St. Magdalenenthor mit dem Fluß zur Linken, ausgeführt wurde.

Da dieses der denkwürdigste Angriff im ganzen Kriege war, bei welchem von beiden Seiten die größte Tapferkeit und Hartnäckigkeit bewiesen wurde, und der, muß ich hinzufügen, das meiste Blut kostete, denn die Alliirten allein verloren elfhundert Mann, so bereitete sich mein Onkel Toby mit besonderer Feierlichkeit darauf vor.

Am Abend vorher, als er schlafen ging, befahl er, daß seine Ramillieperücke, die viele Jahre umgewendet in dem alten Feldkoffer neben seinem Bette verwahrt gelegen hatte, herausgenommen und auf den Deckel gelegt werde, damit er sie am Morgen gleich dort finden könne; und das Erste, was er beim Heraussteigen aus dem Bette, noch im Hemde, that, war, daß er die rauhe Seite herausdrehte und sie aufsetzte. Hierauf zog er die Hosen an und nachdem er sie zugeschnallt hatte, knöpfte er das Degengehänke daran; eben hatte er seinen Degen hineingesteckt, als ihm einfiel, daß er sich erst noch rasiren müsse, wobei ihn der Degen geniren würde. Er legte ihn also wieder ab. – Als er dann seine Uniform und die Weste anziehen wollte, fand er wieder, daß die Perücke ihm hinderlich sei, und so bald auf diese, bald auf jene Weise aufgehalten, wie das gewöhnlich so geht, wenn man Eile hat, war es zehn Uhr geworden, d.h. eine halbe Stunde über seine gewöhnliche Zeit, bevor er sich auf den Weg machte.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 104-106.
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