[65] Wer da will der Liebe leben,

Muß sich ganz der Liebe geben,

Sich nicht teilen, nicht zersplittern,

Ganz im Kuß hinüberzittern;

Muß des Herzens ganzes Drängen

Auf des Mundes Spitze zwängen;

Muß nicht denken, rechnen, klügeln,

Sich nicht fesseln oder zügeln;

Muß den Arm nicht ängstlich halten,

Gilt es, Hüften zu umfalten;

Nicht voll Scheu die Hand befühlen,

Gilt's, im seidnen Haar zu wühlen;

Muß im seligen Versenktsein

Unklar, ob er ist und denkt, sein.

Quelle:
Moritz von Strachwitz: Sämtliche Lieder und Balladen, Berlin 1912, S. 65.
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