[Du bist so rein, so schön und gut!]

[267] Du bist so rein, so schön und gut!

Durchsichtig ohne Fehle

Wogt eine heil'ge blaue Flut

Im Auge Dir die Seele.

Den Himmel auf der Stirne Dein,

Wer darf ihn frevelnd trüben?

Du bist zu schön, Du bist zu rein –

Du wirst mich niemals lieben!


Ich werde nie Dein Ideal

Und nimmermehr Dir teuer.

Du bist ein milder Sonnenstrahl

Und ich ein wildes Feuer.

Mag baden Deine Seele sich

In spiegelreiner Helle,

Bis Dir ein beßrer Mann als ich

Melodisch rührt die Welle.


Das sei ein Mann mit lichter Stirn,

Der Deiner Liebe tauge,

Der ganze Welten trägt im Hirn

Und Sonnen trägt im Auge.

Das sei ein Mann von Gott geweiht

In Liebe und im Hasse,

Der Deine ganze Seligkeit

Im ersten Kuß umfasse!


Ich aber – nun wer fragt nach mir?

Vergessen und verschollen!

Mir gilt es gleich, wo fern von Dir

Sie mich begraben wollen.

Die Welt hat Dichter nah und fern,

Wird mich nicht lang beweinen.

Du aber, wunderschöner Stern –

Wirst einem andern scheinen!

Quelle:
Moritz von Strachwitz: Sämtliche Lieder und Balladen, Berlin 1912, S. 267-268.
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