Zur Einweihung der Kriegergedächtniskapelle in Unterbachern

[724] Mädel trägt einen Kranz und spricht traurig:


Wia is im Fruahjahr wieda schön!

Es lachat oan so freundli o,

Wia müaßt si heut a jeder freu'n,

Der si no wirkli freuen ko!


Mir aber is mei Herz so voll,

I denk an dös, was oanmal war,

Und 's Lustigsei liegt hinter mir

Und alle Freud is nimmer wahr.


Mir is, als gang 's mi nix mehr o,

Und 's Fruahjahr und da Sunnaschei

Und alls is für mi anderst worn,

Und kinnan net dös nämli sei ...


Ein Bursche tritt zu ihr:


Wo aus denn, Madl, mit dein Kranz?

Den willst wohl auf a Grab hinleg'n?

Als Gruaß von dera Fruahjahrspracht

Und als an Anteil von dem Seg'n?


Mädel:


Ja freili, legat i 'n aufs Grab

Und freuet mi, war 's mir vergunnt.

I bracht eahm Bleameln jed'n Tag,

Wenn i sei Grab bloß finden kunnt.


[724] Bursche:


Du redst von oan, der g'fallen is?

Du muaßt di net so harb'n drum,

Der liegt bei guate Kamerad'n,

Und lauter Deutsche um eahm rum.


Mädel:


Und 's hohe Gras wachst drüber her,

Koa Bleamel derf sei Ruahstatt ziern.

Und schlechte Feind, de treten drauf

Und derfan Tote verschimpfiern.


Bursche:


Sie möchten bloß, sie kinnen net.

De Helden geht koa Schimpf net o,

De ham si wohl a Denkmal g'setzt,

Dös koa Franzos verschandeln ko.


Dös Denkmal steht, schaug umadum!

Is unser Dörfel net, wia's war?

No steht jed's Haus und d' Felder blüahn.

Ja, is denn dös net wunderbar?


Is dös koa Denkmal und dös größt?

A Ehrenmahl im schönsten Sinn?

Die ganze Welt war gegen ins,

Und do war da koa Feind herin!


Siehgst, Madel, wer dös recht betracht,

Findt mehr als dös, was traurig macht.

Bloß Traurigsei – dös is net gnua –

Es g'hört a Dank und Stolz dazua.


Mädel frischer:


Ja, du hast recht. I siechs wohl ei,

Es tuat net guat, bloß traurig sei.


Bursche:


Den Kranz, den legst jetzt vor d' Kapelln,

Die erste Zier am Gotteshaus,[725]

Viel andre kemman Jahr um Jahr,

Viel G'schlechter gengan ein und aus,

Und alle schaug'n ins weite Land

Und segnen jede tapfere Hand.


Mädel:


Zu Füßen unserer lieben Frau

Leg i den Kranz mit Ehrfurcht hin,

Sie moant 's mit unsre Helden guat,

Und bitt für sie mit mildem Sinn.

Du heilige Schutzfrau vom Bayerland,

Führ unsre Toten an deiner Hand!


1921


Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 6, München 1968.
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