Scena decima.

[310] Jhesus Christus.


Mir ist geben, aller gewalt

Auff erdt im himel mannichfalt,

Dann mich mein vater also drath

Itzt von dem todt erwecket hat.

Umbs menschen sündt gestorben war,

Umb der gerechtigkeit erweckt klar,

Mein veint ich hab gewunnen gantz

Allen zu guth, die solchen glantz

An myr erkendt han durch mein wort.

Darurnb wil ich sie auch forth

Mit mir balt führen alzugleich

Hyn inn meins vaters ewig reich,

Wie ihn versprochen ist zur frist,

Von anbegin gewis es ist.


Thut auff, thut auff die pforten baldt,

Ihr fürsten der welt, mit gewalt

Und last hinein den köng der ehrn,

Thut auff, thut auff! könts ihn nicht wehrn.


Seht, ihr Christen und brüder mein,

Diese vier ewer veindt auch sein,

Die hab ich euch allen zu guth

Uberwunden, das halt inn hut,

Und zum zeichen, das solchs sey war,

So wil ich sie auch binden dar

Und soln euch forder schaden nicht.

Nu hört, wie solchs ist ausgericht!

Gesetz, du weist, geschrieben ist,

Inn meinem wort man das klar list,

Als du dem menschen warst zur fart[311]

Gegeben, do beschlossen wart,

Das ider dich auch halten solt,

Ader er kem aus Gottes holt

Und wehr vermaledeit auch gar.

Solchs du an mir nempts eben war;

Das ich das auch solt thun zur stundt,

Forderst von mir aus falschem grundt,

Dann ich kein sündt nie het gethon

Und war darzu auch Gottes son,

Uber dich ein herr gantz und gar,

Darumb ich dir nichts schüldig war;

Doch hab ich dich gehalten gantz

Aus freyem mut im rechten glantz,

Dich erfült und gehalten fein

Vor al die lieben Christen mein.

Das sag ich dir zu dieser stundt:

Die das glauben aus rechtem grund,

Das du von ihn kanst fordern nicht

Dich zu halten, das sey bericht.

Wo sie nur den gelauben han,

Das ich solchs hab vor sie gethan,

So seint sie frey, von dir erlöst,

Inn mir sie kriegen rhu und trost,

Drumb hüte dich zu dieser fart,

Das du sie hinfort beklagest zart.


Und du, sündt, hör, was ich dir sag:

Gantz falsch an mir was deine klag,

Weil du gesehn hast zu der farth,

Das auch das gesetz von mir wart

Nu auff gehoben gantz und gar,

Vormeintest, wehr schüldig dar

An dem gesetz zu dieser frist,

Thetst mich beklagen mit falscher list,

Das ich dich auch begangen het,[312]

Aber du stehst nicht zu der steht,

Das ich do war auch Gottes son,

Ein herr des gesetzes also schon.

Darumb ich dein ny schüldig wart,

Dann kein betrug zu aller fart

Inn meinem munth gewesen ist.

Aber noch dem der mensch zur frist

Im paradis gebrochen heth

Das gesetz und dich zu der steth

Herein geführt zu disem zil,

So was es auch meins vaters wil,

Das ich geporn solt werden

Der aller ermste mensch auff erden

Und gantz vormaledeiet so gros,

Ja selbst die sünd an alle mos,

Das ich also durch frembde sündt

Dich, sündt, vortilgte zu der stündt,

Bezalt also mein vater droth

Dich gantz und gar durch meinen todt.

Wer nu eins solchen glaubens ist,

Das ich dich vor ihn bzalt zur frist,

Den kanstu nicht beklagen dar,

Durch meinen todt er bleibt vorwar.


Und du, todt, ich wil dir sagen:

Weil dich hast inn diesen tagen

An mir gantz sehr und schwer vorschuld,

Das du mich hast aus ungeduldt

Gegriffen an, vormeint vorwar,

Das ich ein lauter mensch wer dar,

Der sündt und dir auch schuldig gantz,

Und nicht ersehn inn mir den glantz,

Das ich wehr warer Gottes son,

Vorborgen inn dem menschen schon,

Gantz unsterblich zu aller zeit,

Darumb hastu gefehlet weit[313]

Das du mich wolts erwürgen schir,

Aber es hat gefallen mir

Und auch meim vater also zart,

Das ich dich, todt, zu dieser farth

Durch meinen todt vorschlingen solt,

Das der mensch kem ins vaters holt,

Daraus er auch gefallen war

Durch die sünde gantz offenbar,

Und weil du mir hast unrecht thon,

So thu mich auch bezalen schon.

Aber weil dirs unmüglich ist,

So hüte dich zu dieser frist,

Das du die meinen zu der stundt

Erwürgst und bringst inn helle grund,

Die do gleuben, das ich auch dich

Vor sie erwürget sicherlich,

Kein gwalt du hast mehr über sy.

Alle, die solches auch gleuben hy,

Die seint von dir erlöset fein,

Durch dich ins leben dringen nein,

Durch mich sie sollen auff erstehn,

Weil ich ihn itzt auch thu vorgehn.

Das heubt der aufferstehung klar

Ich bin, darumb so müssen dar

Meine gelider also zart

Von dir, dem todt, erstehn alfart,

Dann wo das heubt hin komet fein,

Do mus der leib und glyder sein.


Du, Sathan, hör mit deiner pracht:

Dir sey genommen al dein macht,

Trotz thu mir einen an rüren,

Die ich itzt auch werde füren

Aus deinem reich, die alzeit dar

An mich gegleubt han vorwar[314]

Von anbegin der wellet hehr

Und bis zum endt gantz ungefehr,

Die mir vortrawen gleuben vest,

Auff mich vorlassen auff das best,

Das ich sie mit meinem tode ha

Von dir erlöset, sich da,

Das du kein menschen greiffest an,

Sey dann mein wil, so wil ichs han.

Ich neme dir das regiment

Uber die mein itzundt behendt,

Thu dir dein kopff zutreten gantz,

Und wer ergreiffet solchen glantz

Mit vestem glauben also rein,

Der sol von dir erlöset sein.

Das solchs war sey aus rechtem grundt,

So wil ich euch zu dieser stundt

Anbinden und vorwaren wol,

Keiner mir auch entkomen sol.


Kompt her, ir auserwelten zart,

Die ich euch habe zu der fart

Auch lebendig mit mir gemacht,

Die ihr gantz todt auch wert geacht

Von wegen ewer sünden gros,

Die hab ich euch geschenckt gantz blos,

Die hantschrifft ausgetilget dar,

Die wider euch was gantz und gar,

Aus dem mittel ich hab gethon

Und an das creutz gehefftet schon

Hab auszogen die fürstenthumb,

Die geweldigen mit grossem rhum,

Sie schautragen mit freidigheit,

Einherprangen, auch zu bereidt

Durch mich selbst, nu sehet dar

Ewer veindt, mein lieben schar,

Wie gewaltig sie nu auch sein.[315]

Gesetz, wu ist die anklag dein?

Sündt, wu ist auch dein scharpffes sper?

Todt, wu ist dein sieg mit gefehr?

Ich mein, er sey verschlungen dar

Inn meinem sieg gantz offenbar.

Und du, Sathan, wu ist dein krafft,

Dein regiment und herschafft?

Ach, nu seht zu, ihr lossen veindt,

Was könt ihr nu ausrichten heint?

Mein lieben auserwelten zart,

Also hab ich itzt zu der farth

Euch uberwunden al zu guth

Al ewer veindt, das halt inn hut!

Und weil ihr das habt glaubet vest,

So solt ihr sein mein lieben gest

Wol dorth inn meines vaters reich

Und auch die andern alzu gleich,

Die hinforder den glauben hohn,

Bis an das endt der wellet schon

Sol ihn der himel sein bereidt

Von nu an bis inn ewigkeit.

Al, die solchs auch begeren sein,

Loben mich und den vater mein

Trewlich stetz aus hertzeu grundt

Im rechten glauben alle stundt.

Nicht mehr begehr ich alle zeidt

Von allen menschen gantz bereidt,

Ob euch die welt anders bericht

Im falschen schein, so gleubt ihr nicht,

Trewlich ich euch das alzeidt rath,

Hört mich, mein wort ans vaters Stadt.


Finis.
[316]

Quelle:
Dramen von Ackermann und Voith. Tübingen 1884, S. 310-317.
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