1.

[269] Kein schöner Ding ist auf der Welt,

Als seine Feinde zu beißen,

Als über all die plumpen Geselln

Seine lustigen Witze zu reißen.


So dacht ich und stimmte die Saiten schon:

Da ward ich versetzt in Ruhstand.

Aus war der Spaß; die heil'ge Stadt Köln

Ward erklärt in Belagerungszustand.


Von Bajonetten starrte die Stadt

Wie ein Stachelschwein. Rings um den Neumarkt

Wogten die preußischen Erzengel bis

Zum Hahnentor und zum Heumarkt.


Und ein Leutnant zog vor unsere Tür

In kriegerischer Begleitung

Und proklamierte trommelnd den Tod

Der Neuen Rheinischen Zeitung. –


Da griff ich zum Stab, und ich eilte fort,

Die Brust voller Kummer und Ärger.

Zu Herrn Soherr nach Bingen floh ich; dort trinkt

Man vorzüglichen Scharlachberger.
[269]

Herr Soherr, der ist ein fröhlicher Mann,

Und im ganzen Lande wird sich

Kein Scharlachberger finden wie der

Des Herrn Soherr von sechsundvierzig.


Herr Soherr ist vierundsechzig alt,

Und sein Wein ist von sechsundvierzig;

Er duftet nach Veilchen und Rosen und schmeckt

Wie die Liebe erquickend und würzig.

Quelle:
Georg Weerth: Sämtliche Werke in fünf Bänden. Band 1, Berlin 1956/57, S. 269-270.
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