10. An die unvergleichliche Margaris

[36] 1.

Meines Hertzens Königin,

Angenembster Schatz auf Erden

Richte deine Lust-Geberden

Günstig auf den Diener hin,

Als bey welchem deine Gaben

Ruh und Trost zu schaffen haben:

Ich gesteh es zwar betrübt,

Schönes Kind ich bin verliebt.


2.

Muß ich mein Verrähter seyn?

Ach was sol ich länger schweigen,[36]

Regen sich doch alle Zeugen

Gegen mir und meiner Pein,

Alle Kräffte meiner Seelen

Reitzen mich mit sanftem Quälen,

Ich bekenn es offentlich,

Schönstes Kind ich liebe dich.


3.

Mache nur durch deine Gunst

Alle meine Noht zunichte,

Richte dein geneigt Gesichte

Gegen mir und meiner Brunst,

Alle Freude, Lust und Schertzen

Reiß ich sonst aus meinem Hertzen,

Ich begehr in dir allein

Seelig und vergnügt zu seyn.


4.

Meine Werthe zürne nicht,

Alles was ich dir erzehle,

Reimet sich mit meiner Seele,

Glaube was die Zunge spricht.

Andre mögen falsche Sachen

Rühmen und zur Tugend machen,

Ich will ohne solchen Schein

Süsses Kind dein Diener seyn.


5.

Mein Gelücke steht bey dir,

Alles will ich dir ergeben,

Reitze mein beständigs Leben

Gunst-geneigt zu deiner Zier:

Also werden meine Sinnen

Ruh und süssen Trost gewinnen.

Itzt verbleib ich halb betrübt,

Schönstes Kind in dich verliebt.

Quelle:
Christian Weise: Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken, Halle a.d.S. 1914, S. 36-37.
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