12. Der unglückselige Garten-Courtisan

[54] Er.


Mein Kind so treff ich sie

In diesem Garten an?


Sie.


Ach daß er doch die Müh

Um mich nicht lassen kan


Er.


Ich habe sie gesucht,

Und habe sie gefunden.


Sie.


Dadurch ist mir die Frucht

Der Einsamkeit verschwunden.


Er.


Sie gönne mir die Lust

Und lasse mich hinein.


Sie.


Dem Herren ists bewust

Ich muß alleine seyn.


Er.


Mein Kind wie ist sie doch

So sauer und vermessen.


Sie.


Mein Herr ich habe noch

Kein Honig-Bämmgen gessen.


Er.


Behält sie ihren Sinn

Wie sie allzeit gethan.


Sie.


So geh er immer hin,

Wenn ers nicht leiden kan.


Er.


Ach was vor Stiche gibt

Sie meinem frommen Hertzen.


Sie.


In Warheit es beliebt[54]

Demselben so zu schertzen.


Er.


Ich stelle mich jo gar

Zu ihren Diensten ein.


Sie.


Der Diener wird fürwar

Vor mich zu köstlich seyn.


Er.


Ich wünsch in ihrer Pflicht

Zu leben und zu sterben.


Sie.


Ach nein ich laß ihn nicht

So liederlich verderben.


Er.


Wenn dieses möglich wär

So dörfft ich zu ihr hin.


Sie.


Er höre wieder her,

Wann ich nicht haussen bin.


Er.


Ein schönes Mädgen soll

So strenge nicht verfahren.


Sie.


Den Athen möcht er wol

Zu einer Suppe sparen.


Er.


So darff ich nicht zu ihr

Mein Kind was mach ich nun.


Sie.


Botz tausend kan er mir

Sonst keinen Possen thun.


Er.


Ein schönes Angesicht

Werd ich fürwahr nicht hassen.


Sie.


Mein Blut! er kan doch nicht

Die Complementen lassen.


Er.


Sie ist ja roht und weiß

Mit Rosen umgestreut.


Sie.


Gewiß er hat den Preiß

Der höchsten Höfflichkeit.


Er.


Doch fühl ich meine Qual

Und wünsche kaum zu leben.


Sie.


Er sag es noch einmahl,

Das war recht wohl gegeben.


Er.


Ich sag es noch einmahl,

Wie ist sie nun gesinnt?


Sie.


Fürwar das steht gar kahl,

Ist er ein Pfaffen-Kind?


Er.


Es ist ihr steter Brauch,

Sie treibet ihr Gehöne.


[55] Sie.


Hat seine Mutter auch

Mehr solche kluge Söhne?


Er.


Was hilffts, ich ehre sie,

Und wann sie eisern wär.


Sie.


Drum war mir heute früh

Das Hertze noch so schwer.


Er.


Ich lauff und bin doch matt,

Ich brenn, und wil mich wärmen.


Sie.


Wer keine Bienen hat

Muß freylich selber schwärmen.


Er.


Nun meine Seele soll

In ihrer Seele ruhn.


Sie.


Mein Herr, es wirds ihm wol

Ein ander Höltzgen thun.


Er.


Fürwar ich bleibe da,

Daß ich sie nicht verliere.


Sie.


Ach! er gewehne ja

Das Maul zu andern Biere.


Er.


Jedoch sie lasse mich

Nicht vor der Thüre stehn.


Sie.


Mein was bemüht er sich,

Ich muß nach Hause gehn.


Er.


Nun so behalte sie

Auch ihre stoltze Weise.


Sie.


Er schone seiner Knie,

Viel Glücks auff seine Reise.

Quelle:
Christian Weise: Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken, Halle a.d.S. 1914, S. 54-56.
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