Vierdter Aufftrit.


[23] Allegro, Roccella, Torrecuso.

Allegro, hat einen grossen Hopff-Sack über sich genommen / kömt damit heraus / schreyet und zieret sich gar wunderlich / biß die andern heraus kommen.


ROCCELLA. Was hat dieser Auffzug zubedeuten / mich dünckt / die Verrätherey wil in den Pallast herein dringen / ehe sich die hohen Personen in Sicherheit begeben können.

TORRECUSO. Wenn es in der Nacht einem furchtsamen Menschen begegnete / so würde er das Creutze vor sich schlagen; denn es siehet einen Gespenste nicht unähnlich.

ROCCELLA. Ich wil gleichwol darhinter kommen / was der unzeitige Muthwillen zubedeuten hat.

TORRECUSO. Diese Larve wird sich bald abziehen lassen.


Sie ziehen jhm den Sack über den Kopff weg.


ROCCELLA. Ehrvergeßner Ertz-Bube / hastu noch Zeit solche Possen anzufangen / da es immer an Dienern gebrechen wil / welche das Einpacken beschleunigen: Weiche mir aus dem Gesichte / oder ich wil dich tractiren als einen Rebellen.

ALLEGRO. Ach! wie sol ich das verstehen? Ein Ehrlicher Kerl wird gleichwol in seinen Amts- und Beruffs-Wegen nicht so tractiret.

TORRECUSO. Ein schöner Beruffs-Weg / der in den Sack hinein geht. Wir hätten die Wege besser finden wollen / wenn der Sack mit dem unnützen Fleische wäre in das Wasser geschicket worden.

ROCCELLA. Wer dich beruffen hat / der sol dir auch lohnen: Aber was bedeutet dieser Sack?

ALLEGRO. Er gehöret vor unsern Vice-Roy, denn ich höre / es wird sehr viel Geld von den neuen Zöllen einkommen; wenn nun etwan der liebe Mann nicht wüste / wo er alles solte hinthun / so wolt ich ihm mit dem Sacke aushelffen.[24]

ROCCELLA. Höhnischer Bube / diese Invention stincket nach einem Rebellen. Weistu auch / daß man dergleichen Worte mit dem Strange zubezahlen pfleget?

ALLEGRO. Herr habt jhr einen Strick überley / so mögt jhr den Sack mit zubinden / wenn das Geld darinnen ist.

ROCCELLA. Ich schone dieses heiligen Ortes / sonst wäre deine Boßheit schon gestraffet worden.


Er stellt sich als wolt er jhn schlagen.


ALLEGRO wickelt sich poßierlich in den Sack. Herr / da steh ich: der Sack soll mich Stahleysenfeste machen: Denn ich habe schon so viel Millionen Ducaten darinnen / als jhr Herren allzusammen in Gedancken erwuchert habt: ehe jhr mich trefft / so müst jhr 100000. Ducaten durchstossen.

ROCCELLA. Nun merck ich erst daß du rasende bist.

ALLEGRO. Und ich mercke daß jhr nunmehr klug seyd: Ach wer das Werck mit den hohen Zöllen etwas niedriger gespannet hätte / der dürffte sich nicht in das Castell / als wie eine arme Bestie in jhr Fuchsloch verkriechen.

ROCCELLA. Du hörest noch nicht auf hohe Personen zu beschimpffen.

ALLEGRO. Ich wil einmahl reden als ein Philosophus. Die Tugend beschimpftet niemanden / atqvi et sic conseqventer. Die Warheit ist eine Tugend. Ergo ergius ergissimè so beschimpffet meine Warheit niemanden. Concedo totum argumentum.

ROCCELLA. Der Kerl ist besessen: Ein Außländischer Geist redet fremde Sprachen aus ihm.

TORRECUSO. In den Sack gesteckt / und an Ketten geschlossen das wird die beste Cur seyn.

ALLEGRO. Legt euer Geld an Ketten / das jhr ins künfftige haben solt / es möchte sonst so viel Beine kriegen / als Personen[25] in Neapolis sind. Doch wenn ich keinen Danck davon kriege / so kan ich den Sack wohl wider aufheben.


Er wirfft den Sack hinein / und bleibt auf der Seite stehen.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 23-26.
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