Dritter Aufftrit.


[59] Flavio, Roberto, hernach Allegro.


FLAVIA. Ich bin mit aufgezogen: aber ich fürchte / das Blätgen möchte sich bald umkehren.

ROBERTO. Drum müssen wir beisammen halten. Der Berg muß doch einmahl überstiegen seyn.

FLAVIA. Mit grossen Herren ist nicht viel auszurichten: weil wir im Gewehre beisammen stehen / so geben sie gute Worte / darnach wissen sie schon wie sie uns beikommen sollen.

ROBERTO. Wenn wir die Privilegia in die Hände kriegen / so werden sie es wohl bleiben lassen / daß sie uns beikommen.[59]

FLAVIA. Abgezwungene Privilegia machen hernach eine gezwungene Erklärung.

ROBERTO. Die Erklärung muß nach unserm Kopffe gehn / so lange wir beisammen halten.

FLAVIA. Gar recht / so lange wir beisammen stehn; aber laß nur acht Tage in das Land kommen / und siehe darnach zu / ob so viel hundert tausend Mann werden im Gewehr bleiben.

ROBERTO. Wer nicht wil / muß den Kopff lassen.

FLAVIA. Der Zorn wird sich gar bald mäßigen; Wir und unsere Kinder wollen essen: durch müßig gehn verdienen wir nichts; sollen wir aber nach unserer Gelegenheit arbeiten / so können wir nicht beisammen bleiben.

ROBERTO. Ein jedweder Handwercks-Mann mag seine Büchse bey der Werckstadt liegen haben / daß er bey dem Sturm-Schlage mit heraus wischen kan.

FLAVIA. Es muß aber allezeit eine Menge beisammen seyn / welche den Thürmer commandirt / wenn er stürmen soll.

ROBERTO. Ein Theil der Stadt wird nach dem andern aufgebothen.

FLAVIA. Aber giebt es keine Versäumnis? ob wir bißher mehr Contribution gegeben / oder ob wir ins künfftige wenig Geld verdienen?

ROBERTO. Mir nicht. Ich wil mich bey meinem Müssiggange gar wohl befinden / und mancher Edelmann soll mich um eine Wohlthat ansprechen.

FLAVIA. Ach Bruder / gedencke mir nicht an den Adel: er schweigst itzo stille / und läst euch außrasen; aber ich fürchte / sie werden eine Karte mit einander mischen / dabey mancher seine Ehre / sein Gut und sein Blut verlieren möchte. Ach! warum leben wir nicht friedlich? hat uns GOtt eine schwere Last aufgeleget / so ist es besser unrecht leiden / als unrecht thun. Und wenn wir uns lange wiedersetzen / so werden wir doch wieder GOttes Willen nimmermehr zu freyen Leuten gerathen.[60]

ALLEGRO komt gelauffen. Ha du Verräther / du Schelm / wilstu auf den itzigen Obersten lästern? das sol dir dein Leben kosten / und wenn du Stahleisen feste wärest.

ROBERTO. Herr Feld-Webel / ich bekenne meine Unschuld: ich habe nichts darzu geredt.

ALLEGRO. Des schönen Titels wegen habt jhr PerDonato. Aber du Kerl / du must in einer Stunde hencken.

FLAVIA. Ich stehe bey der Bürgerschafft / und was ich aus Schertz gegen einen guten Freund rede / das wird mir zu keiner Verantwortung gereichen.

ALLEGRO. Ey du liebes Hertzgen hastu auch geschertzt? komm / komm / ich wil dir in der freyen Lufft einen Tantz-Boden bauen lassen / da soll dich niemand an deinem Schertze verhindern.

FLAVIA. Ich bitte wieder Gewalt.

ALLEGRO. Du darffst nicht drum bitten / es geschieht von Hertzen gern. Ihr Pursche greifft an.


Die kleinen Narren werffen jhn zu Boden und schleppen jhn hinein.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 59-61.
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