Geliebter Leser.

Es sind numehr fast acht Jahr verflossen / seit man etliche Bücher / als die drey klügsten Leute / die Ertznarren / die Haupt-Verderber / und endlich den Politischen Näscher / der Welt zu Kauffe angeboten hat: und daß dergleichen Art zu schreiben bey unterschiedenen Liebhabern müste gebilliget seyn / solches hat der vielfältige Nachdruck am besten erwiesen. Hingegen ist auff der andern Seite gleichfalls kein Mangel gewesen / da man die unschuldigen Bücher entweder verachtet / oder auch fast biß auf die Galeen verdammet[1] hat. Ja die Liebhaber selbst haben das gantze Wesen nur von aussen angesehn / und weil sie / jhrer Meinung nach / etwas poßirliches zum Zeitvertreib in Händen hatten / ist offtmahls ein Klunckermutz / oder sonst eine liederliche Schrifft / bey dem Buchbinder in einen Band darzu gebracht worden.

Alldieweil nun der Auctor hin- und wieder bekandt genug ist / und seine itzige Gelegenheit nicht zulassen wil / daß man ihm ärgerliche und verderbliche Schrifften beymessen solte: Vornehmlich da er sonst bey der Jugend / die mit solchen Büchern am liebsten umgeht / sich eines hohen Ergernüsses schuldig geben müste: Als wil von nöthen seyn / etwas ausführliches von dieser lustigen Schreib-Art aufzusetzen / und hiedurch etliche Censores[2] zu berichten / wie man mir guten Gewissen solche Bücher selbst schreiben / auch anderweit kauffen und lesen / und im Fall der Noth zur Ausfüllung einer kleinen Haus-Bibliothec vor sich oder seine Kinder auffheben könne: Ja wie sich ferner ein curieuser Kopff anstellen müsse / wen er etwan dergleichen Schrifften unter seinen Nahmen / oder zum wenigsten unter einem erdichteten Rätzel / in den Franckfurter Catalogium bringen wolte.

Und also wird sich das gantze Werck in zwey Haupt-Fragen abhandeln lassen. Erstlich ob es recht sey / wenn man solche Bücher schreibet? zum andern / was man im Schreiben vor Kunst-Stücke brauchen müsse?

Die erste Frage muß der Auctor mehrentheils seinetwegen beantworten.[3] Den weil er wegen anderer Verrichtungen auf diese lustige Philosophie nunmehr keine Nebenstunden spendiren kan / es wäre denn noch eine Comœdie mit der gesa ten Jugend vorzustellen; als hat er Gelegenheit alle gute Freunde zu bitten / sie möchten ins künfftige die Bücher von solchen Tituln nicht vor seine Arbeit halten / noch viel weniger die Sachen selbst zu seiner Verantwortung ausstellen. Er hat in diesem Stücke so viel gethan / daß ein ander / der es besser machen wil / leicht die Wege finden wird. Und wie sich alle sieben Jahr die Inclination eines Menschen sehr mercklich zu verändern pfleget; also ist es kein Wunder / wen er auch die Lust zu vieler Zeitvertreibenden Weitläufftigkeit verlohren hätte.[4]

Die andere Frage wird seinen Nachfolgern zum Unterrichte dienen / welche sich vielleicht einbilden / es wäre nur umb die Müh daß man die Feder ansetzte / so müste der Politische Näscher alsobald mit Kupferstich und Titulbogen fertig seyn. Ja wenn das Kunst-Stücke nun am Tage liegen wird / so möchte die Art zuschreiben etwas gütiger æstimiret, und etwas furchtsamer / oder doch mit bessern Bedachte imitiret werden. Wiewohl es ist Zeit / das zu der Sache geschritten wird.

Quelle:
Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 1-5.
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