Fünfter Auftritt

[162] Die Vorigen, Blümlein.


BLÜMLEIN brummt. Luchs – Luchs! Der Mensch ist ein Animal, und hat auch immer seines Gleichen im Munde.[162] – Meine schönen Damen, meine Herrn, Ihr gehorsamer Diener!

BARONINN ihn vorstellend. Rath Blümlein, ein Hausfreund. Auf Waldberg deutend. Und dieß ist –

BLÜMLEIN. Herr Waldberg, der glückliche Erbe des Baron Wendheim? Seyn Sie mir von Herzen willkommen!

WALDBERG. Mein Herr –

BLÜMLEIN. Wir müssen Freunde werden. Diese Dame hat mir so viel Gutes von Ihnen gesagt, ich weiß so viel von Ihren guten Eigenschaften, daß ich Sie schon mit Stolz unter meine besten Freunde zähle.

WALDBERG. Ich weiß nicht, wie ich –

BLÜMLEIN. Ja der alte Wendheim, das war ein Mann!

WALDBERG schnell. Sie haben ihn gekannt?

BLÜMLEIN. Nur dem Nahmen nach. Aber seine Verdienste kennt man am Nord- und Südpol, so ein Mann kommt so bald nicht wieder. – Nun, Friede seiner Asche!

WALDBERG. Friede!

BARONINN leise zu Blümlein. Bringen Sie Geld?

BLÜMLEIN leise. Tausend Gulden bar Geld, für das Übrige bekommen Sie Waare.

BARONINN. Was für Waare?

BLÜMLEIN. Sie haben die Wahl zwischen einigen Kisten Leder oder Seife.

BARONINN. Sind Sie toll? was thue ich mit der Seife?

BLÜMLEIN. Waschen Freundinn, waschen –

BARONINN. Unausstehlich – kommen Sie auf mein Zimmer. Laut und freundlich. Die guten Kinder sind noch etwas schüchtern; Folgen einer sentimentalen Erziehung. Ich habe aus Mitleid eine Person ins Haus genommen, eine[163] wahre Trauerweide, die mir die Kinder ganz verdirbt. Haben Sie Geduld mit den lieben Kleinen. Zu den Mädchen. Nehmt euch zusammen, beyde haben viel Geld, und brauchen eine Frau, die es ausgibt; seyd nicht blöde, sprecht viel, wenn auch nicht alles verdient gedruckt zu werden, die Männer können die gescheiden Weiber ohnehin nicht leiden – Emy, steh doch gerade! Richtet sie. Nina, den Mund nicht so verzogen! Wie ich mich über euch ärgern muß! Laut. Die lieben Kinder, sie sind die Freude meines Lebens. Kommen Sie Blümlein. Ab.

BLÜMLEIN der indessen die Bekanntschaft Grü nau's gemacht. Wie gesagt, das alles können Sie von mir wissen und erfahren. Ich bitte Sie ohne mich keinen Fuß aus dem Haus zu setzen, ich zeige Ihnen alle Merkwürdigkeiten, die Münze, das Zeughaus, die Bibliothek, dort bin ich wie zu Hause, weiß, wo jeder Classiker steht.

WALDBERG. Auch was er geschrieben?

BLÜMLEIN. Nein, das weiß ich nicht. Man braucht jetzt nur den Nahmen der Leute zu wissen, die geschrieben haben, was sie geschrieben, ist ganz gleichgültig. Man sieht jetzt weislich nur auf das, was oben schwimmt, schöpft nicht mehr wie ehedem aus der Tiefe. Die einzig nöthige Lectüre, um einen Menschen zu bilden, sind jetzt – Zeitungen und kritische Journale; wer mit denen à jour bleibt, kann überall mit reden. Halten Sie sich nur an mich, ich bin der Schutzgeist aller Fremden, und Sie – nein, Sie sind mir nicht fremd, wir haben uns heute nicht zum ersten Mahle gesehen, wir kennen uns schon lange, wir haben uns geahnet, es ist mir, als ob wir mit einander aufgewachsen wären. Bis jetzt fühlte ich immer[164] eine gewisse Leere, es fehlte mir etwas; seit ich Sie beyde sah, habe ich alles, alles. Erlauben Sie! Umarmt Waldberg. Und Sie! Umarmt Grünau, wichtig. Ich sage nicht leicht zu jemand Freund, aber wenn ich es sage, Schüttelt beyden die Hand. so gilt es für die Ewigkeit. Adieu meine Freunde, Adieu! Ab.


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neue Schauspiele. Band 2, Wien 1817, S. 162-165.
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