Vierter Auftritt

[294] Grundmann, Vorige.


GRUNDMANN guckt zur Thüre herein. Alles richtig?[294]

BILAU lachend. Alles, alles, nur herein.

GRUNDMANN. Darf also von Herzensgrund –

BILAU. Gratuliren?

GRUNDMANN. Der erste sein, der diese frohe Neuigkeit dem ganzen Haus –

BILAU. Ja – ja, Sie dürfen es auf dem Markt ausrufen, der alte Bilau hatte einen Fieberanfall, ist aber in wenig Minuten glücklich kurirt.

GRUNDMANN lächelnd. Ja, so ein ländliches Hausmittel.

BILAU. Das Hausmittel ist auch in der Stadt im Gebrauch; es hilft aber nur als Präservativ. Kommen Sie her, da her. – Sagt ihm leise. Ich heirathe nicht.

GRUNDMANN erstaunt. Nicht?

BILAU. Still, das Mädchen darf es meines Sohnes wegen nicht wissen.

GRUNDMANN. Da Sie aber das gute Kind so herzlich liebt –

BILAU lacht. Mich?

GRUNDMANN. Sich so sehr freute, Ihre Frau zu werden.[295]

BILAU. So sehr, daß sie mich bat, ihren Hans ins Haus zu nehmen.

GRUNDMANN. Einen Hans?

BILAU. Den sie liebt.

GRUNDMANN. Einen Hans? Den sie liebt? O du Hexe!

BILAU. Stille Freund – ich komme noch gut weg, daß ich mich an ein Landmädchen machte; die hat mir doch treuherzig vorher gesagt, was ich zu erwarten habe, bei einer Stadtdame hätte ich das alles erlebt.

GRUNDMANN. Auf die hätte ich mein Blut verwettet.

BILAU. Tugend und Unschuld – nicht wahr Herr Grundmann, nur hier zu finden?

GRUNDMANN. O Menschengeschlecht, wo kommt es mit dir hin?

BILAU. Nun ich hoffe, in der Art soll es die letzte Erfahrung sein, die wir beide machen. Weisen Sie ihr ein hübsches Zimmer an, sie paradire als meine Braut, die Haushälterin soll ihr Gesellschaft leisten, wir wollen die ländliche Unschuld in Ehren halten, aber – nicht heirathen. Wir beide, lieber Grundmann, dürfen nur als Braut-Väter bei einer Hochzeit erscheinen, die Hand zum segnen ausstrecken, und rufen: seid glücklich meine Kinder! – Dann dankt uns ein nasses Auge, und ein Herz voll Liebe. Dem Gefühl[296] dürfen wir vertrauen, alles übrige geht in unsern Jahren unser Geld an, ist Schein, ist Heuchelei. Also weg damit. Grundmann, Sie verlieren Ihre neue Stelle, Sie hören auf mein Liebesbothe zu sein; aber Sie bleiben was Sie mir seit Jahren waren – mein lieber, guter, bester Freund. Ab.


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neueste Schauspiele. Band 9, Berlin 1821, S. 294-297.
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