Fünfter Auftritt

[297] Die Vorigen, ohne Bilau.


GRUNDMANN sieht Käthe verdrüßlich an, und kehrt ihr den Rücken.

KÄTHE geht auf ihn zu, und sagt nach einer Pause. Alter Herr!

GRUNDMANN. Lass' mich zufrieden.

KÄTHE. Warum ist Er denn böse auf mich?

GRUNDMANN. Weil Du ein dummes Ding bist.

KÄTHE. Das sagt der Vater alle Tage.

GRUNDMANN. Sagt er das?

KÄTHE. Aber er meint, wenn ich nur erst ein paar Jahre in der Stadt wäre, würde ich schon gescheidter werden.

GRUNDMANN. Anlage ist da.

KÄTHE. Er sagt: wie ein Bauern-Mädchen zum Thor herein käme, ging ihr schon das erste Licht auf.[297]

GRUNDMANN. Bei Dir war es eine Fackel.

KÄTHE. Und es muß auch wirklich so sein. Zu Hause bin ich furchtsam, aber hier in der Stadt rede ich frisch von der Leber weg.

GRUNDMANN. Das muß wahr sein, das hast Du gethan.

KÄTHE legt die Hand auf seine Schulter, und fragt vertraut. Höre Er – was hat denn der alte Herr mit ihm heimlich gesprochen?

GRUNDMANN. Auch neugierig ist die liebe Seele – o Eva, o Eva –

KÄTHE. Geschwind, sag Er mir –

GRUNDMANN. Es geht Dich nichts an.

KÄTHE. Ja wohl geht es mich an, ich hörte es ja, er sprach von meinem Hans. Streichelt ihm das Kinn. Lieber alter Herr, was sagte Er von ihm?

GRUNDMANN. Du Schmeichelkatze –

KÄTHE. Hat Er die Katzen gerne? Ich hab ein ganzes Nest voll auf dem Boden, Er soll sie haben, alle haben, wenn Er mir sagt, was der alte von meinem Hans gesprochen. Er soll ihn holen lassen, nicht wahr?[298]

GRUNDMANN. Holen?

KÄTHE. Ja, holen – das hat Er ihm gesagt. Schick Er doch gleich fort, das Haus ist leicht zu finden, sag Er dem Bothen nur: bei unserm Maierhof vorbei, links um die Ecke bei der großen Schmiede durch das kleine Gäßchen, den Bach aufwärts, über den schmalen Steg, dort stehen drei Linden da muß er vorbei, rechts steht die Kirche, die läßt er stehen, seitwärts führt ein Pfad auf einen kleinen Hügel, auf dem Hügel steht eine Hütte, und in der Hütte wohnt mein Hans.

GRUNDMANN. Wohnt er da?

KÄTHE. Wenn ich Abends zu seiner Mutter kam, stand er immer unter der Thüre.

GRUNDMANN. Dort mag er bis in alle Ewigkeit stehen, wir brauchen ihn nicht.

KÄTHE. Hör Er – wenn der Hans nicht kommt, giebts keine Hochzeit.

GRUNDMANN. Das glaub ich selbst.

KÄTHE. Den muß der alte Herr ins Haus nehmen.

GRUNDMANN. Der Hans soll Dich ins Haus nehmen, dann ist allen geholfen.[299]

KÄTHE. Ach ja – dann wäre uns geholfen, dann braucht ich weder Geld noch Gut. – Aber das thut mein Vater nicht, der Hans ist ihm zu arm; es wird wohl bei dem alten Herrn bleiben.


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neueste Schauspiele. Band 9, Berlin 1821, S. 297-300.
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