Fünfzehendes Exempel.

Ein Gespenst erschröckt bey nächtlicher Weil einen lasterhaften Jüngling.

[70] Im Jahr Christi 1591. war in Oesterreich ein Jüngling, welcher sich der Buhlschaft, und unreiner Liebe gantz ergeben hatte. Wie ihn nun einstens ein Fieber überfallen, und er bey nächtlicher Weil wachete, da sahe er einen feurigen Wagen daher fahren, an welchem ein Pferd angespannt, aus dessen Nas-Löchern ein feuriger Dampf [70] gienge; auf dem Wagen aber sasse ein Fuhrmann, dessen Gestalt so erschröcklich, daß einer von dem eintzigen Anschauen hätte sterben sollen. Dieser Fuhrmann nun sagte zu dem krancken Jüngling mit ernsthafter Stimm: nur geschwind besteige disen Wagen, und fahre mit mir der Höllen zu; dann dein verbuhltes Leben hat es schon längsten verdient. Der elende Krancke erschracke anfänglich über die massen; wie er sich aber in etwas erholet, griffe er nach dem Degen, so an der Bethstatt hienge, und schwunge selbigen auf alle Seiten, in Hofnung das Gespenst damit abzutreiben. Wie er aber gesehen, daß nichts helffen wolte, schrye er überlaut, man solte ihm zu Hülf kommen. Die Hauß-Genossene, so über dieses Geschrey erwachet, stunden alsobald auf, und lieffen der Kammer zu, um zu sehen, wo es dem Krancken fehle. Da hat er ihnen dann angezeigt, wie daß ein Gespenst in der Kammer seye, und nicht weichen wolle. Weilen aber die Haus-Genossene nichts sehen konten, besprengten sie den Krancken mit Weyh-Wasser, und sprachen ihm zu, er solte sich mit dem Heil. Creutz bezeichnen: worauf das Gespenst zwar gewichen; aber mit der Betrohung, es wolle bald wiederum kommen, und den Krancken abholen. Wie der Krancke das gehört, gienge er in sich selbsten, und gedachte, einmahl sein bishero geführtes buhlerisches Leben müsse die Ursach seyn, warum GOtt dem Gespenst so viel Gewalt lasse: GOtt wolle ihne also vätterlich zur Buß und Besserung des Lebens ermahnen. Liesse also noch selbige Nacht aus einem nicht weit entlegenen Kloster einen Beicht-Vatter kommen, deme er mit grosser Reu seine Sünden gebeichtet, des ernstlichen Fürsatzes; inskünftig sein Leben zu besseren; worüber er dann die Heil. Absolution empfangen, und darauf von allem Schrecken erlediget worden; weilen sich das Gespenst forthin nich mehr hatte sehen lassen. Bencius in Annal. S.J.


O was hat die Beicht nicht für eine Kraft, den Menschen von den Nachstellungen des bösen Feinds zu befreyen! es ist nicht ohne, daß auch die äusserliche Mittel (als da seynd das Heil. Creutz Zeichen; das Weyh-Wasser, und dergleichen) vil vermögen; aber die innerliche (unter welchen das vornehmste ist, ein durch die Beicht von schweren Sünden gereinigtes Gewissen) thun das meiste.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 70-71.
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