Drey und fünftzigstes Exempel.

Ein Christlicher König in Japonien (so da im Welt-Theil Asia liegt) bereitet sich gar gottseelig zu einem glückseeligen Tod.

[297] Nachdem dieser König, mit Namen Bartholomäus, vier und zwantzig Jahr lang, um des Christlichen Glaubens willen von seinen eigenen Unterthanen, so da Heyden waren, viel Bedrängnussen erlitten, und aber in seinem Christlichen Eyfer jederzeit beständig verblieben, hat ihn eine beschwehrliche, und halb jährige Kranckheit angestossen, wordurch ihn GOtt seines Hinscheidens erinneret. Diese Zeit hindurch übte er sich in steter Andacht, und machte seine fromme Seel durch öfteren Gebrauch der heiligen Sacramenten allerdings tauglich, selbige seinem Schöpfer mit schuldigster Danckbarkeit einzuhändigen.


Als die Kranckheit überhand genommen, berufte er zu sich alle seine fürstliche Kinder; insonderheit seinen recht-erblichen Sohn, mit Namen Sanchetz, so nunmehr ein Christ [297] war, und redete ihn mit diesen letzten, und sehr bedencklichen Worten an:

»Es seynd nunmehr 24. Jahr verflossen, daß ich bin ein Christ worden. Da ich zu regieren angefangen, fande ich in meinen Reich aus meinen Unterthanen keinen einigen Christen. Nun aber, so vil mir bewußt, hinterlasse ich keinen eintzigen Heyden. Das hat mich zwar vil Schweiß und Beschwernuß gekostet; welches ich doch alles glücklich überstanden. Was mich nun kräncket, ist dieses: ich möchte etwann aus eigener Schuld nicht also gelebt, noch meinen Unterthanen vorgeleuchtet haben, wie das Christenthum erfordert. Derowegen solst du mein getreuer ältister Sohn Sanchetz! und rechtmäßiger Reichs-Erb mit deinem Fleiß ersetzen, was ich unterlassen hab. Dieses aber lasse dir zu vorderst angelegen seyn, daß sich deine Geschwistert mit keinem ehlich verbinden, als der ein wahrer Christ, und von der gantzen Christlichen Gemeinde für tugendsam und gottseelig geachtet werde. Lasse dir auch sonderbar angelegen seyn die GOtts-Häuser; und schütze mit aller Macht die Christliche Lehrer. Du aber mein jüngster Sohn, Line! und ihr geliebte Töchter! haltet euren ältisten Bruder, dem ich das Reich samt der Obsorg über euch hinterlasse, in Ehren. Euere geliebte Mutter solle hinführo von euch mehr geliebt und geehrt werden, je mehr sie meines Trostes beraubet, all ihr Hofnung auf euere kindliche Treu, als einen vesten Stab ihres erlebten Alters setzet. Letztlich wann mein Seel von dem Leib wird aufgelöset seyn, so bettet für sie sammentlich bey dem allmächtigen GOtt: lasset lesen das Heil. Meß-Opfer: gebet reichlich Allmosen, und zeiget disfalls euere kindliche Treu und Liebs-Neigung gegen euerem Vatter. Dieses ist das letzte Verlangen eueres sterbenden Vatters. Hiemit bitte ich unseren GOtt und HErrn, daß er euch mit seinem Heil. Seegen also begnaden, und erfüllen wolle, damit wir einander nach diesem zeitlichen Elend einstens glücklich in dem Himmel sehen mögen.«


Als nun der Tod herzu nahete, seegnete er seine Frau, und Kinder mit dem letzten Abschied, bittend, ihn anjetzo allein zu lassen, und sich in die Haus-Capell zu begeben, alldorten ihm von dem barmhertzigen GOtt ein glückseeliges End zu erlangen. Bald sagte er zu denen Anwesenden, die bey ihm verbliben: liebe Freund! ich habe die Meinige beurlaubet, auf daß ich desto mehr mich mit meinem GOtt vereinigen möge. Dannenhero bitte ich euch insgesamt, daß ihr mich forthin keines Dings erinnert, als allein der unendlichen Güte GOttes. Hinweg mit allen unnützen Geschäften dieser Welt. Kein anderer [298] Gedancken soll in meinem Gemüth aufsteigen, als allem von dem Himmel, und himmlischen Dingen.


Ein Christlicher Edelmann, so zu gegen war, fragte ihn, ob seine Majestät im übrigen nichts zu befehlen hätte an dero Sohn, den Fürsten Sanchetz? da antwortete der König: ich hab euch nicht anhero beruffen, die Sorg für meine Kinder vorzutragen; sondern mich allein GOttes, und göttlicher Dingen zu erinneren. Auf dieses hin wendete er sich zu einem Priester mit Bitten, er wolle ihm ohne Unterlaß von nichts anders sagen, als von denen göttlichen Vollkommenheiten: ihn beynebens auch erinneren der unzahlbaren, und überaus grossen Gutthaten, die ihm GOtt erwisen; absonderlich des bitteren Leydens, und Sterbens Christi seines Heylands: in dessen Vorstellung er in Zäheren fast gar zerflosse. Letztlich nach öfteren Verlangen, mit welchem er seuftzte nach der glückseeligen Ewigkeit; nach vilen Anmuthungen, mit welchen sein Hertz gegen GOtt entbranne, umfienge er mit beyden Armen das Bild des gecreutzigten Heylands; rufte mit zarter Innbrunst JEsum und Mariam an, und übergabe in ihre Händ seinen gottseeligen Geist im Jahr 1587. den 14. May. P. Hazart S. J. in seiner Japonischen Kirchen-Geschicht c. 3.


Was für ein schönes Exempel von einem Sterbenden! nichts anders hören wollen, als was von GOtt ist! nichts anders zu Gemüth führen, als seine unendliche Güte; damit das Hertz mit selbiger vereiniget werde, in göttlicher Liebe abdrucke, und dorten im Himmel GOtt vollkommentlich, und in Ewigkeit lieben möge! von solchen, die also sterben, sagt der Heil. Johannes in seiner Offenbahrung am 14. Cap. Seelig seynd die im HErrn sterben. Hinweg also mit allem unnützen Geschwätz vor einem Sterbenden, als dessen Anmuthungen gegen GOtt nur verhindert werden. Da, da solle man keinen Augenblick versaumen, sich in der Liebe gegen GOtt zu üben, und aus solcher Liebe Reu und Leyd über die Sünden zu erwecken, damit man von einem sagen könne: er ist in GOtt verschiden. Einen solchen Tod haben genommen alle Heilige. Diesen müssen wir nachfolgen, wann wir ihnen im Himmel wollen beygesellet werden.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 297-299.
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