Zweyte Begebenheit.

Ein verzweifleter Sünder kommt durch das Gebett des Heil. Rosenkrantzes wiederum zu recht, und beschließt sein Leben seeliglich.

[422] Diesen Menschen konte niemand weder durch heylsame Ermahnungen, noch durch andere Mittel zu recht bringen. Als der seelige Alanus aus dem Orden des Heil. Dominici dessen berichtet worden, truge er gegen diesem unglückseeligen Menschen grosses Mitleyden, u. bemühete sich deswegen auf alle Weis, ihn wiederum auf den rechten Weeg zu bringen. Allein alles umsonst. So versuchte er dann das letzte Mittel; und dieses war die Andacht zu der Mutter GOttes in der Bruderschaft des Heil. Rosenkrantzes, von welcher Andacht er schon viel Proben erfahren und gesehen hatte. Er redete ihn demnach folgender Gestalten an: es ist ja hoch zu bedauren, daß du alle heylsame Ermahnungen so liederlich verachtest. Nun aber wirst du nicht laugnen können, daß du, als ein Christ, die Mutter deines Erlösers zu verehren schuldig seyest. Ja freylich (antwortete der Sünder) bin ich es schuldig. Wohlan (sprache Alanus) so thue dann eines, das dir leicht, und der Mutter [422] GOttes angenehm seyn wird; lasse dich einschreiben in die Bruderschaft des H. Rosenkrantzes, und bette selbigen fleißig, so versichere ich dich, daß dir wird geholffen werden. Der Sünder folget dem Rath; begibt sich in die Bruderschaft des Heil. Rosenkrantz, fanget ihn an zu betten, und ist darauf in kurtzer Zeit in ihm ein solche Veränderung erfolget, daß er nicht allein ein starcke Hofnung zu der unendlichen Barmhertzigkeit GOttes geschöpft; seine Sünden bereuet und gebüsset; sondern sich auch in allen Tugenden, und guten Wercken geübet, und endlich sein Leben seeliglich beschlossen hat. Ex cit. lib. Exemp. 14.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 422-423.
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