Achte Begebenheit.

Gottseeliger Hintritt eines Greisen.

[638] In Mexico, oder Neu-Spanien (so eine grosse Landschaft in Nord-America ist) war um das Jahr 1612. ein erlebter Greis, der in einem Flecken ein fast einsidlerisch Leben führte: und da er von einem Ordens-Mann, was sein Thun und Lassen wäre, befragt worden, gabe er zur Antwort: ich lebe zwar dem Leib nach auf der Erden; mein Gemüth [638] aber ist stets in dem Himmel. Was er redete, oder gedachte, war von GOtt, oder göttlichen Dingen. Er erzählte, daß ihm die Auserwählte des Himmels in grossem Glantz und Herrlichkeit vorgestellt worden, darunter einer gewesen, so den übrigen allen an Schönheit bevorgienge. Der Ordens-Mann zeigte ihm einen Abriß, darauf die himmlische Glori entworffen war, und fragte; ob das jenige, was er gesehen, diesem etlicher massen gleich wäre? Wie? (gabe er zur Antwort) dieses alleinsoll ich gesehen haben? O! weit ein mehrers.

Weit ein mehrers. Er fügte hinzu, daß forthin alle seine Sinn und Gedancken allein stehen wurden nach GOtt, und seiner Jungfräulichen Mutter, bis er von den Banden des Fleisches aufgelöset, sich mit ihnen ewiglich erfreuen wurde. Wer solte unter den Dörnern der wilden Heydenschaft, in welcher dazumahl noch viel lebten, dergleichen reine, und himmlische Tugend-Früchten gesucht, oder zu finden gehoft haben? Hazart S.J. in der Mexicanischen Kirchen-Geschicht am 3ten Cap.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 638-639.
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