Zwölfte Begebenheit.

Ein in bösen Gewonheiten eralteter Sünder stirbt gantz verzweiffelt.

[646] Ein Graf in Steurmarck, Friederich mit Namen, hatte mit eigener Hand seine Frau Gemahlin ermordet, um desto freyer seinen fleischlichen Gelüsten abzuwarthen. Er führte gantze Heerden leichtfertiger Schleppsäck mit sich herum, und diesen nicht vergnügt, schändete er den ehrlichsten Burgeren ihre Weiber, raubte die geistliche Güter an sich, gabe allen losen Buben und Mausköpfen Unterschlauf, und führte viele Jahr ein solches Leben, das nicht ärger hätte seyn können. Gleichwohl in dem Jubel-Jahr 1550. den Ablaß zu gewinnen, verfügte er sich, schon ein Mann von 90. Jahren, nacher Rom, und kame wieder frisch und gesund von dannen nach Haus. Aber wie? frömmer oder schlimmer, wie halt das teutsche Sprichwort sagt: fliegt ein Ganß übers Meer, so kommt ein Ganß wieder her. Er fuhre nemlich in seinem alten Luder fort, wie zuvor. Als man sich nun dessen verwunderte, und ihm darüber zusprach, sagte er mit lachendem Mund: mein Schuster hat auch Rom gesehen, und doch flicket er jetzt wieder Schuh und Stifel, wie zuvor. Einer aus den vertrautesten predigte ihm von dem Grab, und bate um GOttes willen, er sollte doch ans Sterben gedencken, die Grub werde ihm nicht mehr lang ausbleiben, etc. Er antwortete: das thue ich ohne das schon vor hinein. [646] Ich bin jetzt schon darauf bedacht was ich mir für eine Grabschrift wolle verfassen lassen. Nemlich diese:


Das Grab eröfnet mir die Thür zur Höllen.


Was ich dort finden werde, weiß ich nicht, wohl aber, was ich hier verlasse. Nemlich Reichthum, gute Täg, Ueberfluß im Essen und Trincken, und einen solchen Wollust, der mich nie ersättiget, sondern an Kräften erschöpft hat, etc. O der verzweiffelten Red, weißt du nicht, gottloser Mensch, was du in der Höllen finden werdest? Hast du es dann nie gelesen, nie in der Predig gehört, so will ich dirs sagen; Feur-Flammen, glüenden Rost, eisene Hacken, Peitschen, Folterramen, Schwefel, Pech, Hunger, Durst, Schmertzen, Finsternussen, Würm, Schlangen, Gestanck, Weinen, Zähn-Klapperen, rasende Gesellschaft, Gespenster, Schreck-Gesichter, Donner, Blitz, die leydige Teufel, Gotteslästerung, Verzweiflung, und das auf ewig. Bald hernach ist dieser Graf gestorben: und ob schon der Geschichtschreiber nicht meldet, wie er gefahren, ist doch leicht zu gedencken, das Grab, wie er selbst vorgesagt, werde ihm ein Porten zu der Höllen abgeben haben. Und ist gantz gewiß, daß aus 100. die in einem gewissen Laster (bevorab des Geitzes, und der Unkeuschheit) eine Gewonheit haben, kaum einer finde aus dem Grab ein Thür zum Himmel, wohl aber fast alle ein offenes Thor zu der Höllen. Aeneas Sylvius in Europa c. 21. & ex Ev. le Blanc S.J. in Psalm.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 646-647.
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