Dreyzehende Begebenheit.

Margaretha von Cortona wird wunderbarlich bekehrt.

[647] Diese war mit einer wundersamen schönen Leibs-Gestalt begabt, einem zwar kostbahren Kleinod, das sie aber in ihrer Jugend gar spöttlich im Koth herum gezogen hat. Sie war gefangen von unreiner Lieb, und lebte heimlich viele Jahr lang allzu verträulich mit einem Jüngling; welches ihme den Tod, ihr aber das Leben brachte. Eines Tags, als dieser von seinem Holderstock frölich nach Haus gienge, nahme er ein kleines Bolster-Hündlein mit sich; so aber über etliche Täg wieder auskommen, und seiner vorigen Frauen, der Margaretha zulaufte. Wider Gewohnheit stellte sich dieser Bott gantz traurig; winselte, heulte, bellete, und gab mit allerhand kläglichen Gebärden ein Zeichen, seine Frau sollte ihm folgen, und gehen, wohin er sie würde führen. Sie thuts. Das Hündlein laufte voran, bis sie zu einem liederlich-ober einander geworffenen Scheiter-Hauffen kommen. Da stunde es still, fienge noch kläglicher zu bellen [647] und zu heulen an. Bald schluffe es hinein, bald wieder heraus, und das so lang, bis Margaretha von dem Fürwitz verleitet, etlich Scheitter Holtz auf ein Seiten geruckt. Und sihe Wunder! wider alles Verhoffen fande sie was köstliches. Was da? einen Schatz. Glück zu Margaretha. Du bist in keinem bösen Zeichen ausgangen. Was gebe nicht mancher darum, wann er mit so geringer Mühe einen Schatz erheben konnte? aber, was ware das für ein Schatz? daß er so gar köstlich nicht seyn müßte, gabe der üble Gestanck zu verstehen. Ja: es ware ein gantz kostbahrer Schatz, und zwar Margarethä liebster Schatz; wenigst, wie sie ihn selbst zu nennen pflegte, wann sie von zarter Liebs-Neigung nicht mehr wußte, was sie sagte. Kurtz: es ware ihr Buhl. Diesen fande sie todt, gantz übel verstaltet, und schon halb faul, also, daß ihm die Würm häuffig über das Angesicht krochen. Gleichwohl erkennte sie ihn; und konnte ihr leicht die Rechnung machen, daß er von einem seiner Mit-Buhlern erschlagen, und an dieses Orth wäre geworffen worden. Sie stunde gantz ertattert ein geraume Zeit still, sahe ihn an, wendete doch bald wieder vor Grausen das Angesicht ab. Letzlich brache der Schröcken und Schmertz in ein jämmerliches Weinen und Wehklagen aus. So ist dann (sprach sie bey ihr selbst) mein liebster tod? ist das der annehmliche Gegenwurf meiner Augen? die eintzige Vergnügung meines Hertzens, woran ich Tag und Nacht gedacht, und um dessentwillen mein Ehr, GOtt und den Himmel in die Schantz geschlagen hab? siehe da, du thorrechte Liebhaberin, wornach du so hitzig gestrebet, so inbrünstiges Verlangen getragen hast. Ein heßliche Toden-Larv, einen stinckenden mit weisser Haut überzogenen Misthauffen, ein abscheuliches Luder, einen mit Würmen und Unrath gefällten Maden-Sack hast du geliebt. Jetzt ist auch dieses hin, was es halt immer ware. Ach! wie wird erst der armen Seel ergangen seyn? Du, du bist der Stein des Anstossens. Du, du Unglückseelige! die Ursach seiner Verdamnus. Wie wäre ihm aber, wann dich GOtt zu gleicher Straf ziehen sollte? woltest du ihm in der Höllen-Glut auf ewig Gesellschaft leisten, gegen dem du so oft mit unziemlicher Lieb entbrunnen bist? Ach, nein, nein. Gütiger GOtt, nur das nicht. Ich bitte von innersten Hertzens-Grund, der du mir bishero so vätterlich verschonet hast, du wollest mir auch Gnad verleyhen, meine Sünden noch auf dieser Welt abzubüssen, damit ich sie nicht büssen müsse in dem höllischen Feur, etc. Dieses geredt, kehrte sie wieder nach Haus. Und gleichwie sie es der Magdalena nachgethan hatte im Sündigen, also thate sie es ihr auch nach in der Buß, mit solcher Reu-Bezeugung, daß sie zu einem grossen Staffel der Heiligkeit gelangt, und unter die Zahl der seeligen Weibs-Bilderen gesetzt worden. Alphonsus Villegas in vita B. Margarethæ.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 647-648.
Lizenz:
Kategorien: