Das vierte Capitel.

Megæra. Calvinus. Lutherus.

[799] Megära. Wie schlenckert ihr zween daher, als wann euch die Lenden wären eingeschlagen! als wann ihr baumwollene Bein, und wächsene Knochen hättet. Lauffet; oder ich will euch Füß machen. Calvinus. Wir haben gar einen schlechten Lust zu eilen. Megära. Lust hin, Lust her. Hier heißt es nicht, ich will; sondern, ich muß: das ist euere wohl verdiente Buß. Luther. Wo geht dann der Weeg hin? Megära. Gerad an das höllische Gerichts, Haus: da wird der Oberrichter mit seinen Schriften sich einfinden, und nach reiffer Erforschung euer Missethaten die verdiente Straf abmessen, und ernennen. Sehet! das ist die Haupt. Porten der Höllen. Luther. O wehe: ist das das Haupt-Thor? kein Camin in Westphalen ist so russig, als dieser Eingang. Hier ist aber kein Thür. Megära. Das weiß ich wohl; dann die Höll stehet Tag und Nacht offen. Aber dort neben liegen zwo von hartem Ertz gegossene anderthalb Spannen-dicke Thüren. Mit diesen wird die Hölle nach dem Jüngsten Tag also verschlossen werden, daß in Ewigkeit keiner heraus, und niemand hinein kommen könne. Luther. Was bedeutet der so glatt-geschliffene Spiegel, der neben diesem Thor hangt? spieglen sich dann auch die Teufel, wie die Weiber? wie die hoffärtige Jungfrauen? Megära. Nein, man bekümmert sich hie nicht um schöne Gestalt. Man giebt nicht Acht auf die weisse und rothlechte Backen. Es ist alles Kohlschwartz, rußig und unsauber, sondern es müssen sich hierin spieglen alle, die in die Höll hinein gehen, ehe sie für das Gericht gestellt werden. Der Nam dieses Spiegels heißt das Gewissen. Da Luther! siehe hinein. Was sihest du? Luther. Pfuy der Schand! was sehe ich in diesem Spiegel! Megära. Was siehest du? sage an, Luther. Ich schäme mich. Megära. Sags, oder ich schlage auf dich, wie auf einen Stockfisch. Luther. Ich sihe eine mastige aber unflätige Sau. Megära. Wer ist dieselbe? Luther. Ich dencke wohl, ich seye sie selber. O wehe! der Spiegel hat auch eine Zungen. Er wirft mir alle Sünd und Laster vor. Megära. Lügt er aber? Luther. Es ist alles wahr, was er sagt. Megära. Was sagt er dann? Luther. Ey! was [799] wolte er sagen? ich mag meine eigene Schand nicht offenbahren. Megära. Sags hurtig, oder die Stöß fallen auf dich, wie die Staren in den Weinberg. Luther. Er sagt, Martin Luther seye ein Abtrinniger, Ehr- und Gewissens-vergessener Mensch, ein unflätiger, unkeuscher, Gott-schänderischer, aufrührischer Kopf, Seelen-Mörder und Ertz-Ketzer. Megära. Da bist du wohl beschrieben, besser, als wann dich ein Mahler hätte abgemahlt. Siehest du sonst nichts im Spiegel? Luther. Ich sehe viele 1000. Seelen, welche Schwarmweiß als wie die Hornissen und Roß-Kefern auf mich zu fliegen, und mich stechen wollen. Megära. Weißt du wohl, was das für Seelen seynd? Luther. Ich weiß es nur gar zu wohl. Es seynd die arme Bauren, die ich zum Bauren-Krieg angehetzt, und also auf ein jämmerliche Fleischbanck geliefert hab. Megära. Siehe weiter fort im Spiegel, es gibt noch mehr zu sehen. Luther. Ich sehe noch viele Millionen Seelen, welche ich mit meiner verführischen Zungen und vergiften Feder in Irrthum, Ketzerey, und ewige Verdammnus gebracht hab. Diese alle schreyen Rach wider mich, und begehren mein ewiges Verderben. Ach hätte ich dieses vorher gesehen und bedacht! Megära. Das dancke dir ein Eul. Vorgethan und nachbedacht, hat manchen in groß Elend bracht. Nun Calvine, du stehest auch da, als wann du keinen Lust zu diesem Spiegel hättest. Wende dich um, sehe hinein, was sihest du? Calvin. Ich sehe einen spitznasigen Fuchs-Kopf mit scharffen Wolfs-Zähnen. Megära. Wer muß der seyn? Calvinus. Wer wirds seyn, als ich selber? Megära. Hörest du auch die Zung, die in dem Glas redet? Was sagt sie? Calvinus. Sie sagt: Calvinus seye ein schlauer, heimdückischer, Blutgieriger Wüterich, ein unverschamter Bubenschänder, ein Gottslästerlicher Ertz-Ketzer und Verführer des gantzen Franckreichs. Megära. Wie schmeckt dir das Calvine? Gelt? es seynd schöne Wort? Was sihest du aber, Calvin? Calvinus. Ich sehe ein unformliches ungeheures Gespenst, es hat ein Spanisches Ansehen, ein verbrennte Haut und erschröckliches Angesicht, das trohet mir mit beyden Fäusten, und will mich todt haben. Megära. Das solle wohl Michael Servetus seyn, welchen du wegen einiger falschen Lehr zu Genf hast auf den Scheitterhauffen werffen, und offentlich verbrennen lassen; da du doch 100mahl öfter das Rad und Feur verdient hättest. Du sollest Wunder erfahren, wie dich dieser Spanier in der Höll zerzausen wird. Siehest du nicht den Schwarm der Geister, welche alle die Zähn gegen dir blecken, und dich mit feurigen Speichlen verspeyen wollen? Calvinus. Ich weiß es leyder wohl, das seynd die arme durch mich verführte Seelen. Es ist verzweiffelt, ich bin verlohren. Verflucht seye das Studieren, das viele Studieren hat mich daher gebracht. Megära. Ach nein, nicht das viele Studieren, sondern deine Geilheit, deine Hoffart, dein verbittertes Gallen-Hertz, das hat dich hieher gebracht. [800] Aber es ist geschehen. Sehet da! die Rach GOttes kommt daher, die citiert euch für Gericht. Gehet hin, habt ihr euch wohl eingebrockt, so werdet ihr auch wohl ausessen.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 799-801.
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