Vorred an den Leser.

[807] Dieser Anhang Freuden-Geschicht von der Beicht: zu Erspriessung deines grossen Nutzens, und sicherer Seelen-Freud, ist dir zugeschrieben, vielgeliebter Leser.

Da findest du das Hochzeit-Kleyd, die neue Schuh, den goldenen Ring, welchen der gütigste Vatter dem verlohrnen und wiederum gefundenen Sohn darreicht: neben dem, ein herrliches Freuden-Fest, ein edle Mahlzeit, ein erschallende Tafel-Music, darzu alle Sünder beruffen, alle Büssende eingeladen werden: dannoch nicht irrdische, sondern himmlische Freuden findest du allhier, welche nicht in der Empfindlichkeit, sondern in Frolockung des Geistes; mehr dann ein aufquellender Bronn, in einem Lust-Garten erquicken, und erfreuen. Alle Heil. Engel, welche der Göttlichen Majestät, nemlich dem Ursprung aller Freuden aufwarthen, frohlocken allhier vielmehr über einem Sünder, als über neun und neuntzig Gerechte, welche der Buß nicht bedürftig.

Andere Freuden seynd gleich der Baum-Blühe, die von leichten Wind abgerissen, vertragen wird: oder aber gleich den Feld-Blumen, welche abgehauet, verwelcken. Pflantze schön blühende Freuden nach Belieben, dein Hertz zu erfreuen: kleyde dich wie der reiche Prasser, schmucke dich gleich wie die Königin Jezabel, trincke aus dem goldenen Kelch der babylonischen Frauen, durchgehe die grün-lustige Felder des Wollusts, besitze und fahre auf dem goldenen Wagen des scheinbaren Glücks: lasse dir von Meer-Fräulen und Wald-Göttinen [807] ein Ergötzliches singen und klingen: endlichen wirst mit dem weisen König Salomon ruffen und klagen: ich hab alles angesehen, was unter der Sonnen geschieht, und siehe, es war alles Eitelkeit, und Bekümmernuß des Geistes. Ecclesiastes 1. vers. 14. Nichts destoweniger trachtet man nach den eitlen Freuden, und die aufrichtige Freud wird verachtet, wie es der, welcher, sonsten nicht weinen kan, dannoch beweinet, durch seinen weheklagenden Jeremia cap. 2. v. 13. Ihr Himmel entsetzet euch darüber, und ihr Porten des Himmels lasset euch groß Wunder seyn, spricht der HErr, sie haben mich den Brunn des lebendigen Wassers verlassen, und Cisternen für sich gegraben, zerbrochene Cisternen, die kein Wasser halten können. Das ist: mein Volck, meine mir Glaubende haben ihnen zergängliche, und zerfliessende Freuden, und Erquickungen gemacht, Erquickungen und Freuden, daraus kein Ersättigung, kein Vergnügung kan geschöpfet werden. Der Brunn des lebendigen Wassers Christus unser HErr, demnach seine fünf Wunden zu einem immer quellenden Gnaden-Brunn worden, höret nicht auf die Sünder zur Buß zu beruffen, kommet, willkommet, spricht er: kommet zu mir alle, die ihr alle beladen seyd, mit dem Last der Sünden, ich werd euch erquicken. Ohne Verschub richtet euch, und verrichtet ein vollkommene Beicht, durch alle fünf angezeigte Abtheilung, und ihr werdet schöpfen und geniessen, das lebendige Wasser der göttlichen Gnaden mit Freuden: wie es der Prophet weissaget, dann ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Bronnen des Heylands. Isaiæ. c. 12. v. 3.

Alle andere Freuden seynd unvollkommen, werden aus kothigen Cisternen, die vollkommene Freud, wird aus dem hellaufquellenden Gnaden-Brunn, in der Sacramentalischen Beicht geschöpfet. Komm, und schöpfe diese Freud, geliebter Leser! erkenne, bereue, und bekenne deine Sünd, folgends befleisse dich eines guten Gewissens, das allein verursachet ein [808] heiteres Gestirn, ein lachenden Mund, ein fröhliches Hertz, ein vergnügte Seel, ein lustiges Leben, ein sicheren Tod.

Derowegen verlaß alle nichtswerthig- und betrügliche Freuden, strebe nach der Sicherheit eines guten Gewissens: lese diese Freuden-Geschichten, und vermehre sie mit einer aufrichtigen Beicht: beichte vollkommentlich einmahl von gantzem Verlauf deines Lebens: fallet es dir schwer, und traurig solches zu thun, thue es dannoch, überwind dich selbsten: und wisse sicherlich, das Versprechen der ewigen Wahrheit: deine Traurigkeit wird in Freud veränderet werden Joan. 16. v. 10. Thue dieses, so wirst du leben. Luc. 10. v. 28.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 807-809.
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