Erster Unform.

Ein Haus-Mutter beichtet also:

[1008] Nachdem der Beichtvatter eine Zeitlang hat warten müssen, bis sie das in dem Beichtstuhl aufgehenckte Bild genug geküsset hat, fanget sie nemlich ihr Beicht an mit diesen Worten:


Guten Tag geb euch GOtt.


Ach hertzliebster Herr Beichtvatter, wie ist es mir abermahl so übel ergangen mit meinem versoffenen Mann! heut acht Tag am heiligen Sonntag ist er mit dem Hans Jacob mit seinem alten Saufbruder in das Wirthshaus gangen, und haben den gantzen Tag (weiß nicht, ob sie Meß gehört haben) von Morgen an bis Nachts gesoffen, und gefressen, bis beyde voll, und toll worden. O mein hertzliebster Herr Beichtvatter, was soll ich thun? ich hab sechs lebendige Kinder im Haus, haben weder zu beissen, noch zu nagen, seynd zerrissen, und zerlumpt: er will nichts thun, nichts arbeiten, nur sauffen, und fressen, muß alles durch sein Diebs-Gurgel, was er hat. O mein goldener Herr Beichtvatter, wie kan ich es länger gedulten, es wäre kein Wunder, ich lief so weit, so weit der Himmel blau ist. Zu Nachts um eilf Uhr kommt er heim. Da war nichts anders [1008] als Fluchen, Schwören, Sacramentiren, Donnern, und Hageln, er wolt alles tod haben, und alles zum Haus hinaus jagen. Die Kinder schreyen oft Mordio! ach mein GOtt! ich hab oft still geschwiegen, es wolt nichts helffen, hab ich die Länge nimmer schweigen können. Daß dirs der Teufel geseegne, du voller Narr, mit deinem Fressen und Sauffen: du Saumagen, wann du nur einmahl den Teufel hinein sauftest, troll dich ins Beth in tausend Teufels-Namen. Du grober Esel, du unflätige wilde Sau. Wer wolt mit dir hausen? O lieber Herr Beicht-Vatter die Obrigkeit ist daran schuldig, warum laßt sie solche Lumpē nicht gleich nach dem Hußaus aus dem Bierhaus heraus reissen: aber wer wird es thun, einer oder der andere, welche die Obrigkeit bestellet, damit sie zu Nacht alle Unförm in denen Wirths-Häusern, und auf denen Gassen aufheben sollen, trincken so gern als mein Mann, lassen ihnen oft mit einer Maaß Bier die Händ binden, und das Maul verstopfen. O guldener Herr! wann nur dieses Wirths-Haus nicht wäre: es seynd ja solche Diebs-Leut in diesem Haus, daß, wann auch die Gäst 5. 6. 7. mahl begehren, man soll die Zech machen, sie dannoch so lang die Zech nicht machen, dis sie aus ihren Gästen lauter voll. Schwein gemacht haben. O hertzliebster Herr Beicht-Vatter! ich bin halt zornig und ungedultig gewesen: es hat aber nicht anderst seyn können: GOtt seye es im Himmel geklagt: ich kans länger nicht mehr leyden: ich hab ja sonsten Creutz genug; meine Kinder wollen mir nicht mehr folgen, mein grosse Tochter ist kein Schuß-Pulver werth, sie mag nicht mehr betten, sie mag nicht mehr in die Predig gehen; lauft mir jetzt schon zweymahl aus dem Haus, weiß nicht wohin: und wann ich ihr dieses widersprich, gibt sie mir zur Antwort: ha! gilt es dem Vatter zu Nachts ausbleiben, so gilts mir auch; O du Donners-Vieh! erst gestern ist der Fräntzl auf der Gassen herum geloffen, hat mit des Metzgers Buben gerauft, und ein Loch in Kopf bekommen. Ich hätte ihn zerreissen mögen; du Sacraments-Schelm, du Teufels-Kind! wie oft hab ich dirs schon gesagt: es geschieht dir recht, warum bleibst du nicht daheim. Bey tausend Element, ich will dich zerhauen, und zerschlagen, daß nichts mehr in dich mag. O mein guldener Herr Beicht-Vatter! ich wolte gern alles sagen, wann ich nur alles wissen konte; ich bin so ungeschickt, kan weder schreiben noch lesen: ach mein GOtt, konte ich nur auch so beichten, als wie andere: andere machen es so lang, und ich bin allzeit so gleich fertig. Noch eins, hätts bald vergessen: vor 14. Tägen hab ich das letzte mahl gebeichtet.


Was ist von dieser Beicht zu halten?


Antwort. Diese Haus-Mutter hat über die massen grob und ungeschickt gebeichtet.

[1009] 1. Weisen sie die Zeit mit überflüssigen Kussen des Bild verzehret: die Bilder werden in denen Beicht-Stühlen aufgehenckt, daß sie in dem Beichtenden gute Gedancken erwecken, und nicht daß sie mit Kussen verschmutzt werden.

2. Weilen sie die Beicht nicht angefangen, und nicht geendiget hat, als wie die vorige Beicht-Kinder.

3. Weilen sie den Beicht-Vatter gegrüßt, und öfter gar zu freundlich angeredet hat, welches wider die schuldige Ehrerbietigkeit ist gegen dein, der sitzet an statt GOttes.

4. Weilen sie mehr andere, als sich selbsten angeklaget.

5. Weilen sie nur zwey Sünden gebeichtet, da sie doch Zweifels ohne wohl mehrer begangen hatte.

6. Weilen sie ein so langes unnöthiges, und verdrüßliches und thörrichtes Geschwätz, und Bloderment gemacht, und mit so vielen Worten mehr nicht gebeichtet, als daß sie aus Zorn, und Ungedult ihren Mann und Kinderen Flüch- und Schelt-Wort gegeben hat.

7. Weilen sie zu End der Beicht gesagt, wann sie das letzte mahl gebeichtet hat, welches sie doch zu Anfang der Beicht hätte sagen sollen.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 1008-1010.
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