2. An Ihre Königl. Majestät zu Dennemarck-Norwegen, Friederich den vierdten

[328] Wahr ist's! Der Antritt war an deiner Herrschaft schwer;

Doch scheint's, als wenn es drum allein geschehen wär,

Dass dein standhafftes Hertz der Welt zu einer Zeit

Solt' alle deine Tugend weisen:

Denn pflegt man erst die Kunst des Steuermans zu preisen,

Wenn er in einem Sturm, doch keinen Schiffbruch leidt;

Nun aber herrscht die Ruh' auf deinem weiten Grund,

Und deine Flagge schützt und ziert den sichern Sund,

Weil sich dein mächtig Kriegsheer theilet,

Und denen, die dich erst bedrängt, zu helffen eilet.

Du überwindst dich selbst, und zeigst dein Recht der Welt,

Und deiner Grrossmuht Ruhm wird niemahls nicht veralten:

Ihr Vorwand war den Fried' Europens zu erhalten,

Und du bists, der ihn itzt allhier allein erhält.1


Fußnoten

1 Und du bist's, der ihn itzt allhier allein erhält. Dass das gantze Christliche Europa anitzo in einen schweren Krieg verwickelt, und Denmarck allein unter allen gekrönten Häubtern in Frieden sey, ist gantz Europa bekant: So dass keinem Könige der holdreiche Nahme Friedrich jemahls mit besserem Recht, als der itzt regierenden Königl. Majestät zugekommen ist, und in keinem eine vollkommenere Bedeutung gehabt hat. Welches wie es eine seltene Glückseeligkeit ist, also könte es Gelegenheit zu einem schönen Gedichte geben,


Si quantum cuperem, possem quoque: Sed neque parvum

Carmen Majestas recipit Tua: nec meus audet

Rem tentare pudor, quam vires ferre recusent.


Horat. Ep. I. lib. 2.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 328-329.
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