2. Gemähld des Nordischen Maecenas

[445] Der in der Wissenschafft die Weissheit mehr als Pracht,

In Friedrich die Person mehr als den König schätzt;

Der ohne Schein also befodert dessen Macht,

Als dächt' er nur auf das, was dessen Sinn ergetzt;

Der die Gesetze strenger Ehr',

So woll als freyer Lust versteht;

Der nichts als falschen Ernst bann't von der Sittenlehr',

Und in der Tugend Pfad auf lauter Rosen geht;

Der es mit allen redlich meint,

Der Helden, wie der Musen, Freund;

Der ist es den der Nord mit recht Maecenas heisst.

Ein Nahme, dessen Ruhm zuvor die Welt erfüllt;

Doch den man itzt im Ebenbild

Mehr als in den Geschichten preisst.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 445-446.
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