5.
Wie der ritter Gernier mit seiner gesellschafft auß dem künigreich Portugal in Engelandt schiffet und all drey dienst bei dem künig funden, wie nachstoht.

[200] In was rüstung die drey sampt einem knecht und bůben[200] zu Pareiß außgeritten seind, haben ihr wol vernummen. Ihr hand auch gehört, wie sye den ersten weg in Portugal schifften, dergleich ander umbligende ort und grentzen besichtigten. Kein gefallen an disen orten hatten zů beleiben, von ungeschicht an ein port der Portugaleser kamen, da ein mechtig gallee auß Engelandt mit gewandt hinkummen was. Der patron, demnach und er sein schiff entladen unnd widerumb darauff geladen hat, so seins fůgs was, nit lenger verziehen wolt, den nechsten in Engelandt ihm fürnam zů faren, dieweil er gůten wind vorhanden sach. Zů dem der ritter mit seiner gesellschafft kam, sich auff die gallee verdingten, in kurtzer zeit mit gůtem windt das künigreich Engelandt erreichten, des sye all frölich und wol zůmůt waren. Dann in ir gemůt und hertz allein in Engelandt gestanden was, daselbs sye sich niderzůlassen willen hatten, als auch geschach, wie ir hören werdt.

Dann zůmal sich von ungeschicht fůget, das der künig von Engelandt ein edle junckfraw, so in der küngin frawenzimmer gewesen, versorgt hat, ir ein eerliche hochzeit zůrichten ließ, darauff er vil frembder herren geladen hat. Denen zů lieb er einen turnier außrůffen ließ, doch nit weiter dann in vier, fünff meilen wegs; yederman, so sein bests thůn wolt, darzů erlaubt was. Semlichs der ritter Gernier alles durch seinen wirt bericht ward, das im dann ein sundere freüd bracht. Zůhandt sich, Gabriotto und Reinhart alle drey geleich mit rossz und harnasch und weer zůrichten ließ.

Als nun der tag der hochzeit yetz vorhanden was und yederman auff die schrancken und platz erschinnen was, Gernier mit sampt Reinhart unnd Gabriotto in ganz grün kleydt auch ihre rossz mit schonen grünen parschen bedeckt waren, also höfflich geritten kamen, das mencklich wunder ab ihnen nam; wiewol sye von nyemandts erkant waren, dannocht von wegen ires zierlichen wandels inen all, die zůgegen stunden, gůts verjehen theten. Der künig personlich ir mit fleiß warnam, den turnier nit gantz auß warten mocht, seinen marschalck zů Gernier, dem ritter, schicket, das er zů im kummen solt.

Zůhandt der marschalck zů dem ritter kam, in freündtlich[201] hat, er im sagen solt, von wannen und wer er wer. Der ritter im zůhandt mit züchten antwurt und sprach: ›Ich bin genant Gernier, ein ritter auß Franckreich geboren, und bin darumb her in Engelandt kummen, ob ich mit sampt disen meinen allerliebsten dienst bei dem künig finden möcht.‹ Der marschalck von des ritters worten nit wenig freüd empfangen hat, zů dem ritter Gernier sprach: ›Ir sond sunder zweiffel sein, edler ritter, ir werd von meinem herren, dem künig, als ewers begerens gewert; dann im zůvor ewer wesen gefallen hat.‹

Mit dem sye zů dem künig naheten. Gernier von seinem gaul abstund, dem künig mit züchtiger reverentz entgegen gieng, vor im nyderknyet. Der künig in zůhand hieß auffston. Der marschalck dem künig yetz schon des ritters namen und herkummen kürtzlich entdeckt hat. Des der künig im grose freüd nam, anfieng, zů dem ritter Gernier sprach: ›Das ich nach dir gesandt hab, edler ritter, dich nit frembd nemmen soll. Dann das in gůter freündtlicher meynung beschehen ist, allein das ich gern wissen wolt, von wannen du her in unser künigreich kummen seiest oder wohin dein reyß sich weiter erstrecken wölle. Darzů solt du wissen, das mir dein üstung sunderlichen wol gefallen thůt.‹

Gernier dem künig mit züchten auff sein fragen antwort unnd sprach: ›Allergenädigster herr, meinen namen ich mit geneygtem willen ewer küniglichen majestet anzeygen will. Ich bin genant Gernier von Pariß, do ich dann lang zeit an dem küniglichen hoff gedient; unnd aber mich zůletst der künig unverdient neiden und hassen ward, mir sein künigreich gebodt zů raumen, doch als umb unschuld.‹ Dem künig damit all verloffen sachen zů wissen thet, und damit er in seiner sach kein zweiffel het, er im den abscheyd, so er in Franckreich von dem künig empfangen hat, wisen thet, dem künig auch seinen son und Reinhardts nammen und herkummen anzeyget.

Des der künig alles wol verstanden hat, anfieng unnd sprach: ›Edler ritter, dieweil dich nun das glück also her in Engelandt getragen, wer mein meinung, du ein zeitlang hie an dem holf beleibest, freüd und kurtzweil mit uns hettest, damit du dir[202] deinen unmůt eins theils ringern würdest‹. Der ritter anhůb und sprach: ›Allergenedigster künig, es wer wol mein will und meynung, allzeit bei ewern gnaden zů bleiben, wo ich und Gabriotto, mein son, sampt Reinhart, meinem lieben und gůten freündt, dienst bei ewern gnaden haben möchten; dann wir ye darumb her in ewer künigreich kummen seind. Hierinn ich ewer gnad demütigklich bitten will, uns gnediglichen auffzůnemmen.‹ Mit disen worten der ritter sein red endet.

›Gernier, edler ritter,‹ sprach der künig, ›wo dir mit den deinen gefallen will bey mir zůbleiben, ich dich mit sampt deinem son und wer dir liebt, zů grossem danck auffnemmen will; dich auch nit minder an meinem hoff eerlichen halten, dem du in Franckreich gehalten worden bist.‹ Der ritter dem künig grossen danck saget. Demnach sampt seinem son Gabriotten unnd Reinhardts so ritterlich und wol an dem küniglichen hoff hielten, das in alles hoffgesind günstig unnd holdt wardt.

Was nun für freüd und kurtzweil sich verlieff auff der hochzeit, ich durch kürtze willen underlaß zů schreiben; yedoch will ich etwas melduug davon thůn, damit ihr vernemmen, wie sich der zweyer jungen Frantzosen glück unnd unfal ein ursprung genummen hat. Dann es sich mit allerersten auff diser hochzeit ein anfang mit irer lieb geschach.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 200-203.
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