33.
Wie Reinhart zů frawen Laureta kam, ihr sein leyd zů wissen thůt, irs getrewen rahts darinn begeret.

[275] Reinhart mit gantzem bekümmerten hertzen von seinem gsellen gangen was, manchen schweren gedancken hat, heymlich in sein gemach gieng, nidersaß, auff solche meynung anhůb einen brieff zů schreiben:

›Mein hertz, sinn und gemüt, hertzliebste junckfraw, allzeit bei euch bleiben würt, und ob schon der klaffer mit seinem falschen list uns noch einmal so widerwertig wer. Ir sond wissen, mein allerliebste Rosamunda, das uns das glück nun zůmal gantz widrig ist. Unnd ist das die ursach, es hat mein allergnädigster herr der künig ein mercklichen argwon auff uns beyde geworffen, also das er Gabriotten von unser liebe ernstlich befragt hat, sich aber an seiner antwort nit beniegen lassen, uns aber zů einem auffsatz vil seiner diener bestellt, welche tag und nacht uff uns warten sollen. Wie sie uns dann bei einander finden ston oder gon, so sollend sye das dem künig zůstund anzeygen. Darumb, mein außerwölte Rosamunda, ir zů keinem verdruß annemmen sollen, so ir mich nit als vor gegen euch befinden. Dann wiewol mein weiß und geberd sich endren unnd verkeren, so soll doch mein hertz nymmermer von euch wenden, so lang uns der allmechtig beiden unser leben verlihet. Hiemit, allerliebste junckfraw, wöllend mein nit minder ingedencksein; dann ich ewer zucht und schöne in mein hertz gebildet hab. Gott bewar euch vor allem trübsal!‹

Als nun der ritter disen brieff geschriben hat, ihn auch nach aller noturfft verschlossen, ist er wider gangen, seinen allerliebsten Gabriotten zů sůchen. Die zwen edlen ritter umb kürtzung willen ihrer langen weil auffgesessen sind, mit iren falcken nach ir gewonheyt zů feld ritten, ein lang zeit nichts anders reden kundten dann von iren liebsten junckfrawen. In dem einen schönen fasandt antraffen. Reinhart mit seinem falcken dem fasandt so lang nachvolget, biß er in zů der erden stieß. Des der ritter ettwas můtiger ward, im zůhandt fůrnam, den fasandt[276] seiner allerliebsten Rosamunda zů schicken, wie er das doch zůwegen bringen möcht. In dem wider zů seinem gsellen kam, der sich des fasandts auch erfrewen thet; wider mit einander der stadt zů ritten. Reinhart seinem gsellen seinen anschlag entdecket, ihm auch sagt, wie er der junckfrawen Rosamunda einen brieff geschriben hett, in raths fraget, durch welcherley weg er doch Rosamunda den brieff überantworten und zůstellen solt. Gabriotto im antwort und sprach:

›Lieber Reinhart, ich glaub, die sorg, so darauff stat, du selbs wol ermessen kündest. Darumb wer dir von näten fleissig in der sach zů handlen, damit ein semlichs dem künig nit zů wissen würd. So du aber meinem raht volgen wilt, můst du die sach dermaßen angreiffen, dich heymlich und still zů Laureta fügen und ir den fasant befehlen Rosamunda zů bringen. Du magst ir auch den brieff, davon du mir gesagt hast, wol vertrawen. Dann du weyst, sie unser beyder lieb gůt wissen tregt; derhalben du dich irenthalben nit besorgen darffest.‹

Reinhart seines gesellen raht wol verstanden hat, im mit fleiß understund nachzůfolgen, von stund an weg sůchet, damit er zů Laureta kummen möcht. Nit lang stund, seinen fasandt nam, den brieff im mit listen under sein flügel verbergen thet, in zůhandt Laureta bracht, die er nach seinem begeren allein fand in ihrem gemach sitzen. Als er sye nun mit freündtlichen worten gegrüßt hat, sich zů ir nidersetzt, anhůb und sprach: ›Fraw Laureta, ihr sond euch meiner zůkunfft keinswegs verwundren. Dann mein hertz dermaßen zů euch geneigt ist, das ich weyß, mir niemants dann ir in meinen nöten hilfflich sein mag dann allein ihr.‹ Mit dem fraw Laureta all sein leyd zů wissen thet, sie damit bat, junckfraw Rosamunda den brieff zů antworten sampt dem gfangnen vogel. Des alles sie im trewlich versprach, damit den fasandt und brieff nam, das biß zů seiner zeit verwaren thet.

Als nun fraw Laureta die junckfraw Rosamunda on alles fehlen allein wußt zů finden, nam sie den fasandt und bracht in Rosamunda der junckfrawen, also sprechend: ›Rosamunda, edle junckfraw, ewer ritter, so euch ob allen junckfrawen lieb hat, der schickt euch disen vogel, unter welches flüglen ir seines trübsals ein gnůgsamen bericht finden werdt.‹ Die junckfraw[277] Rosamunda den vogel mit grossem danck von fraw Laureta empfahen thet, den brieff mit grossen freüden auffschloß, ihn aber sobald nit anhůb zů lesen, mit tausentfaltigem leyd umbgeben ward, nit wußt, wovon doch semlicher auffsatz erwachsen wer. ›O glück‹, sprach sie, ›wie hast du mich in einem augenblick so gar aller meiner freüden beraubt und mir all mein trost und hoffnung benummen! Weh dem, der sich gäntzlich auff dich meynt zů verlassen! Dann du mit hönnigsüßem anfang deinen underthonen begegnen thůst, aber mit gifft unnd gallen deinen außgang beweisest. Nyemandts auff erden dir getrawen soll. Das hast du an mir unnd meinem allerliebsten ritter verschuldet.‹ Mit solchen und andren, worten Rosamunda sich lang zeit klagen thet, auch irer klag kein end gab, so lang sie von Philomena getröst ward.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 275-278.
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