40.

Wie Lewfrid zů Salamanca in der statt in grossem trawren was, teglich ein zeitlang im feld spatzieren ging, sein liebste junckfraw klagen thet.

[369] Lewfrid was jetzund bey zehen tagen zů Salamanca, und wann er umb die leut war, stalt und erzeyget er sich gantz[369] frölich. Sobald er aber des nachts an sein beth kam, was er sein liebste junckfraw hertzlichen klagen. Er nam ihm auch teglichen ein stund oder etlich für, in deren er in das fäld spatzieren ging on alle gesellschafft, satzt sich dann etwan an ein verborgene stat, do er von niemant mocht gehört werden, fieng alda an sein unglück zů beklagen: ›O glück, wie bistu mir so gantz zůwider! Was ziehestu mich armen jüngling! Du hast mich jetzund gar offt und dick felschlichen angelachet, mich mit deinem sůssen und glantzenden schein angesehen, und so ich meyn dir jetz am angenemsten sein, so überschütest du mich mit aller bitterkeit. Niemant solt sein getrawen und hoffnung zů dir unstetigen glück setzen. Du bist gantz wanckelmütig, unbleiblich, undanckbar; dann so man dich meynet am allernechsten zů sein, so bistu eim am allerferristen. Hastu mich armseligen jüngling nit auß niderem staht gleich in meiner kindtheyt zů einem gůten anfang gebracht, do mein, nachdem ich eines ärmisten hirten son was, gantz herrlich gepflegen ward, als namlich in meines herren hauß, darinnen mein nit minder dann seines sons gepflegen ward, mit essen, trinken und gewand meines herren son gleich gehalten! Hettest du mich also in solchem anfang beliben lassen und nit mit falschem schein angelachet! Dann du woltest mich auß einem jungen kind zů einem könig haben. Das aber nit lang geweret hat; dann ich bald auß meinem reich entlauffen můßt, ward also auß einem künig in kurtzer zeit zů einem kuchenbuben. Noch liessest du mich auch nit lang in solchem stand; ich můßt in dem frawenzimmer ein diener werden. Aldo thet Cupido auch das sein darzů, verwundt unnd schoß seinen scharpffen strol auff mich dermassen, das ich inn brinnender liebe hart entzündet ward gegen meiner liebsten junckfrawen, bey deren du mich dermassen angesehen, so das ich und sie in hoffnung waren, unser liebe solt unzertrent und unablößlich bleiben. Was hastu aber mir yetzund durch deine falschen tück angericht! Ja anders nichts, dann das ich mich von meiner allerliebsten junckfrawen sunder alles urlub hab scheiden müßen, mag auch gar nicht wissen, wie es ihr gang. Doch bin ich in gewißesten zweifel, das mein hertzliebste junckfraw von meinetwegen schmehlich und hart[370] gehalten wirt, von allem hoffgesind wirt auff sie mit fingern gezeygt. Ach das ich nit an dem hoff beliben bin und meines endes unnd todts von ihrem vatter gewartet! Was soll ich zů leben ohne mein liebste Angliana! Was wirt sie doch jetz für vertrauwen zů mir haben, dieweil ich flüchtiger sie im ellend verlassen hab!‹

Diser und derengleichen klagen fürt Lewfrid ohn zal vil, und als ihn jetzund zeit daucht, nam er sein weg wider der stat zů. Es stund aber ein schone linden vor der statt auff einen büchsenschutz, under dern stund Lewfrid ein wenig sich umbsehnd; so sicht er von verrem einen botten eilens daher postieren, und als er neher zů ihm kamm, erkant er ihn; dann es was seines herren, deß graven, bott. Lewfrid erschrack zům theil, stund aber dannocht still, damit er von im vernemmen möcht, wie es seiner liebsten junckfrawen gieng.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 369-371.
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