59.

Wie der graff mit allem seinem adel wider zů land kompt, mit grossem frolocken empfangen ward von seinen burgern, deßgleichen von seiner tochter.

[415] Ir hand oben gehört, was grosser freuden des graffen volck gehabt, als sie vernommen haben, das ir herr noch frisch und gesundt was. Sie haben sich fast köstlichen außgebutzt und mit einem auffrechten fenlin irem herren entgegengezogen. Es haben aber die überentzigen, so pferdt gehabt haben, ein schon geschwader von reysigen pferden auch allsam in einer kleidung geritten, sind irem herren entgegen. Darab ime der graff nit wenig lust und freud genommen, dann er die liebe seines volcks darbei gespürt; sind also mit freuden und frolocken in die statt kommen.[415]

Als nun Angliana vernam, das ir lieber vatter sampt irem allerliebsten ritter kommen ist, hatt sie sich mit ihrem gantzen frauwenzimmer auff das allerzierlichest geschmucket; ihrem vatter entgegengestanden, als er zů hoff ist eingeritten, den sie gar freundtlich und mit seer grossen freuden empfangen hatt. Ritter Lewfrid ist ihme zůnechst auff dem fůß nochgeritten fast frölicher geberd. Als er sein liebste junckfraw hat erblicket, ist er von grossen freüden gantz in sei nem angesicht errötet; nit minder ist Angliana von seinem anblick erfreuwet worden.

Alsbald seind sie von iren pferden abgestanden, in den grossen saal gangen, darin haben sie ir harnasch von in gelegt und sich gantz entwapnet. Bald sein ein große zal der taflen gedeckt, yeder nach seiner wirde zů tisch gesetzt worden. Da ist ein fürstlich malzeit bereit gewesen; dann Angliana hat alles nach dem köstlichsten und scheinbarlich angeschicket, darab der graff ein groß wolgefallens gehabt hat. Es ist auch nit minder auff allen trinckstuben in der gantzen stat große freud gewesen. Dann alle burger sampt iren weibern haben ir essen zůsammengetragen, so früntlich und frölich mitnander gelebt, das der graff ein groß wolgefallen darab gehabt; hat auch mit allerhand gaben und schencken die gemein burgerschafft verehret, damit sie dest lichtsinniger hand mögen in freuden leben.

Zů hoff ist etlich tag ein groß jubiliren gewesen und groser hoff gehalten worden; dann der graff alle seine ritterschafft ein zeit lang beynander behalten hat. Und als aber die wol anßgerhůwet hand, seind sie mit urlub des graffen ein jeder wider zů hauß geritten. Doch so hat der graff die nechsten umbsassen gebetten, das sie ungeforlich in acht tagen wider zů hoff erschinen wolten; dann er ein gar nötigs geschefft zů verrichten het. Das ward im von in allen versprochen.

Also ritten sie von hoff. In der zeit aber schicket sich der graf mit allem, das zů einer solichen hochzeit von nöten was, als mit kleidung, speiß und gedranck, wiewol niemans wissen mocht, was er sinns were, allein Angliana und Lewfrid der ritter.[416]

Nu was ein freyherr nit weit von dem graven in einer andern stat gesessen, derselbig was auch in der reyß gewesen und was ein wittwer, fast reich an gůt, land und leuten, so das er den graven an reichtumb übertraff; darneben aber was er ein ungetrewer und zornweher man. Als nun menigklich von hoff gescheiden was, belib er noch lenger in der stat in einer herberg; auff den nechstkünfftigen tag ließ er ein werbung an den graffen langen umb sein tochter Angliana. Das im der graff gentzlich abschlagen thet, im darbey zů verston gab, wie er sein tochter einem ritter versprochen het, demselbigen wolt er sein zůsagen leisten; darumb ließ er im seiner ehrlichen werbung grossen danck sagen. Als semlichs dem freyherren gesagt ward, erzirnet er sich onmassen hart, nam sich aber gar keines zorns an, damit er sich an dem graffen möcht gerechen.

Als er nun erfaren hat durch ander practick, wer der ritter was, welchem Angliana versprochen war, hat er mit ernst dem ritter nach seinem leben getracht, heimliche halten auff ihn gemachet, damit er in möcht in sein gefenckniß bringen. Diß aber ist Lewfriden durch ein gůten und getrewen fründt anzeigt worden, domit er sich möcht vor im verwaren. Lewfrid der ritter hat semlichs zů oren gefaßt, nit mer für die statt geritten, er hab dann sein gůt harnasch an; hat sich auch ab solichem auffsatz gar nit besorget, wo er nicht mit hinderlisten angerandt und ungewarnetter sachen überfallen wird.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 415-417.
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