Dem ersamen fürnemmen und achtbaren Martin Neuen, burger unnd wirdt zů der blůmen zů Colmar, meinem insonders günstigen herren und gůten freündt.

Es haben sich die alten vor langer zeit eines gemeinen sprüchworts gebraucht, daß under allen lasteren undanckbarkeit das gröst ist. Dieweil ich nun bekennen můß, daß mir nit wenig freündtschafft von euch bewisen, unnd ich aber auß gebrechlicheit meines groben verstands sömlichs nie verglichen, damit ich aber nit auch mit dem laster der undanckbarkeit behafft werde, hab ich mich, so vil mir müglich gewesen, erzeigen wöllen mit demyenigen, so meins vermögens ist. ›Dann silber und gold hab ich nit, aber was ich hab, das geb ich;‹ also sagt der heilig Petrus in Actis am 3. capitel. Nicht daß ich diß mein schlecht und unachtbares büchlein oder mich dem lieben Petro oder seinem heiligen wort vergleichen wölle; dann diß mein büchlein allein von gůter kurtzweil wegen an tag geben [ist], niemants zů underweysung noch leer, auch gar niemandts zů schmach, hon oder spott, wie ir dann selbs wol sehen unnd lesen werden.

Dieweil nun menicklich weißt, geistlich und weltlich, fürsten und herren, die dann täglich iren aufritt und herberg bey euch haben, daß ir mit gůten schwencken und kurtzweiligen bossen zů yeder zeit und ye demnach die person ist, gefaßt sind, habe ich euch zů widergeltung euwer gůtthat diß mein klein wercklein zů gefallen an tag geben. Sodann ist auch in euwerem gebrauch, alle Straßburger messz einen eignen rollwagen anzůrichten; alsdann haben ir euch zůsampt gůten herren und freünden mit disem büchlin zů ergetzen,[3] dieweil ir auff der fart sind, welchs auch vor menigklich on allen anstoß mag gelesen werden. Bitt euch hiemit, sömlich kleine gaab, dieweil sy mit gůtem hertzen und gemüt verert wird, nit zů verschmahen und zů einem glücksäligen neüwen jar empfahen, mich auch noch als vor für euweren gůten freünd und willigen diener erkennen. Wünsch euch hiemit vil glück unnd heil, euch und euwer neüwen eegemahelen und nach disem zergencklichen leben das ewig himmlisch reich und seligkeit. Amen.

Datum Burckhaim auff Marie daß neüwjar, nach der geburt unsers säligmachers 1555. jar.


Euwer allzeit dienstwilliger

Jörg Wickram,

Stattschreyber zů Burckhaim.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 3-4.
Lizenz:
Kategorien: