Zweyter Auftritt.

[31] Grandison, die Vorigen.


GRANDISON. Vergeben Sie, gnädige Herren, dass mich das Verlangen, meinen theuern Jeronymo zu sehen, vor der bestimmten Stunde hierher führt. Wie befindet sich mein geliebter Freund?

JERONYMO. Ich habe Sie wieder gesehen, liebster Grandison, ich befinde mich wohl. Der gestrige Abend hat mehr zu meinem Besten gewirkt, als alle schmerzenlindernden Mittel der Ärzte. Seit Monaten habe ich keine so erträgliche Nacht gehabt, als diese. Es gab Augenblicke, da ich schlafen konnte, und da träumte ich von Ihnen, von Klementinen, von allem[31] was ich liebe. Die angenehmsten Bilder schwebten um meine Seele, süsse Ahnungen, glückliche Vorbedeutungen –

GRANDISON. Möchten sie erfüllt werden! Möchte Ihnen der Himmel alle Glückseligkeit gewähren, die ich Ihnen wünsche, und wenn ich sie mit der Hälfte meiner eigenen erkaufen müsste!

DER BISCHOF. Wir würden unsern Karakter verläugnen, Chevalier, wenn Ihre Grossmuth nicht die unsrige erweckte. Unsere Glückseligkeit soll nicht mit der Ihrigen erkauft werden! – Es ist ein Mittel, beide auf ewig mit einander zu verknüpfen – Erlauben Sie, dass ich den Markgrafen von Ihrer Ankunft benachrichtige –


Er geht ab.


Quelle:
Christoph Martin Wieland: Sämmtliche Werke. Supplemente Band 5, Leipzig 1798, S. 31-32.
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Klementina von Porretta
C. M. Wielands sämtliche Werke: Supplement, Band V. Klementina von Porretta; Pandora; Die Bunkliade; Auszüge aus Jakob Forsters Reise um die Welt