Neunter Auftritt.

[125] Der Bischof, Grandison.


DER BISCHOF. Was höre ich, liebster Grandison? Was ist aus meiner Schwester geworden? – Sie sind ausserordentlich gerührt, Chevalier! Was hat diese liebe Träumerin –

GRANDISON. Lesen Sie, gnädiger Herr, lesen Sie dieses Papier, und seyn Sie stolz auf Ihre Schwester! Sie ist ein Engel! Ihr Besitz würde ein irdischer Himmel für mich gewesen seyn! – Sie hat mich abgewiesen – aber aus so grossen Bewegungsgründen und auf eine solche Art, dass ich sie mehr als jemahls verehren muss – Sie ist das liebenswürdigste unter allen menschlichen Wesen –[125]

DER BISCHOF. Ich begreife nichts von dieser seltsamen Aufführung. Ich will ihr Papier dem Markgrafen und der Markgräfin lesen. Aber der Inhalt mag auch seyn welcher er will, so hoffe ich, Sie werden Sich nicht so schnell durch die hoch fliegenden Schwärmereyen eines fantastischen Mädchens blenden lassen. Ihre Einbildungskraft ist auf einer Höhe, worauf sie sich nicht erhalten kann. Sie wird ganz anders denken, wenn sie wieder gelassner seyn wird.

GRANDISON. Lesen Sie, gnädiger Herr, bewundern Sie Klementinen, und bedauern Sie mich.


Der Bischof geht mit dem Papier ab.


Quelle:
Christoph Martin Wieland: Sämmtliche Werke. Supplemente Band 5, Leipzig 1798, S. 125-126.
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Klementina von Porretta
C. M. Wielands sämtliche Werke: Supplement, Band V. Klementina von Porretta; Pandora; Die Bunkliade; Auszüge aus Jakob Forsters Reise um die Welt