Erster Auftritt.

[25] Euporus in einem rothen Gewand, steht am Hausaltar, legt Scheite zurecht. Klopfen an der Hausthür wie mit einem Hammer. Euporus geht nach hinten, öffnet; Metellus und seine Söhne Aulus und Rufus treten ein. Später Opimius und Drusus.


EUPORUS die Hände auf der Brust gekreuzt. Ehrwürdiger Consul –

METELLUS. Ist Gracchus, dein Herr, daheim?

EUPORUS. Daheim, doch nicht allein. Der Senator Opimius, und Livius Drusus –

METELLUS. Sind bei deinem Herrn? Für sich. Wundersame Zeiten! Laut. Geh an dein Geschäft; ich warte.

EUPORUS unterwürfig. Wie du befiehlst! Geht in den Vorplatz, verschwindet.

METELLUS. Aulus![25]

AULUS. Mein Vater.

METELLUS. Sieh nicht mit diesem grämlichen Gesicht, mit diesem vornehmen Augenblinzeln umher! du bist in eines Mannes Haus, dessen Ahnen königlicher lebten als die Deinen.

AULUS verächtlich. Er ist Volkstribun.

METELLUS. Volkstribun! – Ich wollte, du hättest Verstand genug, um es statt seiner zu sein! – Volkstribun! – Gajus Gracchus, der Volkstribun, ist der König von Rom. Seit seiner Heimkehr ist er ein zweiter Jupiter für das Volk! Sein unsichtbares Scepter schwingt er besser, als deine Mutter die Ruthe über dich geschwungen hat. Er braucht nur mit den Lippen zu blasen, so bläst er dich in aller deiner Herrlichkeit vom Erdboden weg; ich, der Consul, dein Vater, könnte dich nicht schützen.

RUFUS. Schmach genug!

METELLUS. »Schmach genug!« – Wer ist Schuld daran? Wir haben seinen Bruder Tiberius gegen das Gesetz getödtet: darum müssen wir nun den Gajus gegen unsre Laune leben lassen! Wir sind gegen Tiberius schlechte Feinde gewesen, darum müssen wir nun mit Gajus gute Freunde sein.

OPIMIUS tritt mit Drusus rechts, hinter dem Teppich hervor; finster. Wie ich dir's sagte – – Sieh da! der Consul Metellus.

METELLUS. Seid gegrüßt.

OPIMIUS. In des Gracchus Haus! – Man sagt, die Auguren lachen, wenn sie einander begegnen: wenn zwei Senatoren sich in dieser Halle treffen, sollten sie weinen.[26]

METELLUS. Ich hab's euch gesagt; er ist ein gewaltiger Mann! – Er hat die drei Dinge, die wir brauchen: Kopf, Zunge und Hand. Ihr habt gelacht über seine neunundzwanzig Jahre; aber ihr habt seine neunundzwanzig großen Eigenschaften vergessen.

OPIMIUS spöttisch. du wirst ihn noch adoptiren, zärtlicher Metellus!

METELLUS beißend. Ich bin nicht neidisch, lieber Opimius! – – Was weiß man Neues von unserm Feldherrn, vom jüngeren Scipio? Kommt er aus Spanien heim, werden wir an ihm endlich gegen diesen Hector einen Achilles finden?

DRUSUS. Eben um des Scipio willen kamen wir her. Er hat des Gracchus Schwester zur Frau, hielte gern Frieden mit ihm! Arglistig lächelnd. Und um dies scheinbar zu fördern, damit wir nicht den ganzen Scipio verlieren –

METELLUS. Verlieren wir Scipio Africanus, so ist Alles hin! Zu Euporus, der von rechts hinter dem Teppich hervor, wieder erschienen ist und zu Metellus reden will. Dein Herr erwartet uns? Euporus nickt. Warum steht Opimius so finster da und läßt seine Augen in den Erdboden kriechen? Drusus zuckt stumm die Achseln. Wunderliche, böse Zeiten! Böse Zeiten! – Kommt! Mit seinen Söhnen nach rechts hinein. Euporus verliert sich wieder nach hinten.


Quelle:
Adolf Wilbrandt: Gracchus der Volkstribun. Berlin [1872], S. 25-27.
Lizenz:
Kategorien: