Dritter Auftritt.

[31] Gracchus, Metellus und dessen Söhne, Euporus.


GRACCHUS. Geht dort nicht Opimius mit Drusus hinaus?

METELLUS. Ich sehe nicht mehr gut; – doch es war Drusus' Stimme. Leb wohl, Gracchus! Ich meine es gut mit dir, so wahr ich lebe. Diese Umsturz-Gesetze, die du jetzt als Herr des Volks gegen uns aus der Erde stampfst – du kannst sie durchsetzen und noch hundert dazu, – aber unsre Kinder werden's dir nicht danken.

GRACCHUS. So werden sie sie ändern und sagen: damals waren sie gut!

METELLUS. Hm! – So leb denn wohl Für sich. Einen Menschen in demselben Athemzug zu lieben und zu hassen! Ich hab das niemals gekannt! – Leise. Steh nicht wie ein Marterpfahl, Aulus.

AULUS kalt. Ich empfehle mich deiner Freundlichkeit.

GRACCHUS fein. Ihr geht, doch die Ehre eures Besuches bleibt! Lebt wohl.

METELLUS. Gute Nacht, Tribun! Mit seinen Söhnen nach hinten ab; Euporus läßt sie hinaus.[31]

GRACCHUS. Guter ehrlicher Consul – und die Räder der Zeit gehn über dich hinweg! – – Euporus! Euporus kommt nach vorn. Es will Abend werden, wie ich sehe. Der Tag ist wieder verbraucht; beim Jupiter, meine Tage sind wie Eiskörner, die in der Sonne zerthauen! Einen Brief aus dem Busen ziehend. Schick dies zum Pomponius. Er ist unwohl, und ich kann ihn heut nicht mehr besuchen; er muß zufrieden sein, daß ich an ihn schreibe. Euporus nach hinten, winkt; gleich darauf geht ein andrer Sclave mit dem Brief hinaus. Euporus läßt den Teppich im Hintergrunde herunter, so daß die Halle sich schließt, und verschwindet. Gracchus vor sich hin starrend. Treuer, weiser, philosophischer Pomponius! Er kann nicht ausgehen und schreibt mir einen Brief, drei Tafeln lang, mich vor dem »hundertköpfigen Drachen«, dem römischen Volk, zu warnen! – Mein treuer Pomponius, – in deiner reinlichen, wohlgeordneten Brust hat nie ein Dämon gewohnt. Der Statue zur Linken näher tretend, tief erregt. Bruder Tiber! Der du der Abgott meiner Knabenseele warst – mein einzig Vorbild als Mann! So, so, wie du da stehst, du versteinerter Gedanke der Natur, so gingst du lebend umher, ein Wunder unter den Menschen. Dein großes Herz strahlte aus deinen Augen; deine göttlich grenzenlose Liebe für dein Rom – und für mich. Wie zwei Tauben vor der Venus Wagen, flatterten unsre Seelen an Einem Band; – – und noch, noch hab' ich deinen Mord nicht gerächt!


Quelle:
Adolf Wilbrandt: Gracchus der Volkstribun. Berlin [1872], S. 31-32.
Lizenz:
Kategorien: