Sechster Auftritt

[158] Hans Sturz ist inzwischen vom Tore herangekommen und in einiger Entfernung stehen geblieben. Er hat jetzt die Eisenhaube auf dem Kopf.


DANNEWITZ. Du, Perwenitz, da is einer, der was von dir will.

PERWENITZ wendet sich. Das is ja Hans Sturz vom Spandauer Tor? Na?

STURZ. Mit Verlaub, Herr Burgemeester, da draußen bei'n Wedding is es nich janz richtig.

PERWENITZ. Was is denn los?

STURZ. Es läßt sich ein jroßer Staub bemerkbar machen, und wenn ich meine Meinung anvertrauen darf, denn soll mir der Deibel holen, wenn mir nich die Pommern dichte auf die Nähte haben.

PERWENITZ. Nanu?

STURZ. Es sieht so aus, als hätten sie Bötzow ausgepocht und nu möchten die Bötzower unterkriechen in Berlin.

PERWENITZ. Denn gehst du jetzt mal gleich nach dem Neuen Markt, da findest du die Stadtreiter.

STURZ. Is jut, Herr Burgemeester.

PERWENITZ. Von denen nimmst du dir drei Mann, und dann sitzt Ihr auf und reitet zu Sankt Jürgens Tor hinaus und seht zu, was los is.[158]

STURZ. Is jut, Herr Burgemeester. Ab nach rechts.

PERWENITZ. Nu sagt mir, Ihr Herren, was soll man dazu sagen? Da bilden wir uns ein, die Pommern liegen vor Angermünde in der Uckermark, und unterdessen scharmützeln sie uns schon vor den Toren von Berlin herum!

DANNEWITZ. Is nur ein Glück, daß unser Markgraf wenigstens in Sicherheit is, nach Prag werden die Pommern sobald nich kommen.

SECHELWEG. Den würden sie sowieso nicht gestohlen haben, da könnt Ihr sicher sein.

PERWENITZ. Sagt das nich; wenn der Quitzow ihn zwischen die Finger gekriegt hätte, er hätt's mit ihm gemacht, wie mit seinem Landhauptmann, dem Schwarzburger.

RIENEKE. Was hat er denn mit dem gemacht?

PERWENITZ. Wißt Ihr das nicht? Wie der Graf von Schwarzburg, den der Jobst zum Landhauptmann der Mark gemacht hat, nach Tangermünde gezogen ist, was tut mein Quitzow? Legt sich bei Tischbeck in den Hinterhalt, dicht an der Elbe, und wie mein Schwarzburger angezogen kommt, so ganz ruhig und gottvergnügt, hurr – mein Quitz über ihn her und nimmt ihm all sein Gepäck und Geld und alles und etwas darüber –

DANNEWITZ. So ein verfluchter Kerl! So ein –

PERWENITZ. Eine Teufelskröte, das is er, der Quitz, das is wahr; aber Schneid hat er im Leibe!

DANNEWITZ. Das sage ich auch.[159]

SECHELWEG. Schneid hat er, das is wahr.

ALLE. Das is wahr.

PERWENITZ. Und nu kommt das Beste: dadrauf also geht er zum Jobst und mit dem Jeld, das er seinem eigenen Landhauptmann abgeknöpft hat, kauft er von ihm Schloß Friesack.

DANNEWITZ. So ein Satansknochen! Hahaha!

RIENEKE. Und der Jobst?

PERWENITZ. Der Jobst? Na Ihr wißt doch, wie dem sein Wahlspruch is: »Trink was klar is, iß was gar is, nimm was bar is.«

ALLE. »Nimm was bar is« – hahaha!

DANNEWITZ. So ein Erzlump, wie der Jobst!

SECHELWEG. So ein böhmischer Schelm!


Quelle:
Ernst von Wildenbruch: Gesammelte Werke. Band 9, Berlin 1911–1918, S. 158-160.
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