Neunzehnter Auftritt

[200] Propst Ortwin, Perwenitz, Dannewitz, Sechelweg kommen aus dem Rathause, bleiben unter der Laube stehen.


PROPST ORTWIN.

Konrad von Quitzow, finde ich dich hier?

Was tust du hier?

KONRAD starrt ihn wie verstört an.

Ich höre – Unerhörtes

Und sehe Niegesehnes.

ORTWIN.

Lerne, Sohn,

Du wirst in dieser einen einz'gen Stunde

Mehr lernen als in Jahren du gelernt.

SECHELWEG tritt vor. Im Namen der Stadt Berlin und im Auftrag der zwei Bürgermeister – hört mich an, Mann, Weib und Kind: Frieden verkünde ich den friedlosen Leuten von Straußberg, gehet hin zum Kalandshofe von Berlin; gehet hin zu Propst Ortwins Haus bei Sankt Niklas' Hof, gehet hin zu den schwarzen Brüdern – Obdach wird man geben den Obdachlosen und –

DIE STRAUSSBERGER Männer, Weiber und Kinder mit einem einzigen Schrei unterbrechend.

Gebt uns Brot![200]

SECHELWEG.

Ihr sollt es haben –

DIE STRAUSSBERGER kommen stürmend auf das Rathaus zu.

Gebt es gleich! Wir verhungern! Brot!


Wüstes Durcheinander.


KONRAD drängt sich zu Ortwin.

Hörtet Ihr das? Propst Ortwin?

ORTWIN.

Lerne, Sohn –

PERWENITZ nach rückwärts gewandt. Es liegt noch Brot im Rathaus; die Stadtknechte sollen kommen und das Brot verteilen!

DIE STRAUSSBERGER umdrängen Perwenitz, küssen ihm Hände und Füße.

Seid gesegnet! Seid gesegnet!


Quelle:
Ernst von Wildenbruch: Gesammelte Werke. Band 9, Berlin 1911–1918, S. 200-201.
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