Absorption [2]

[36] Absorption, photochemische. Da Licht, das auf irgend welche Substanzen chemisch einwirkt, dabei offenbar eine gewisse Arbeit leistet, so ist zu erwarten, daß es stärker absorbiert wird, als wenn keine chemische Einwirkung stattfindet. Ueber die gewöhnliche optische Absorption lagert sich also eine photochemische Absorption.

In der Tat beobachteten Bunsen und Roscoe [1], daß Licht, das eine Schicht Chlorknallgas passiert hat, in höherem Grad in seiner chemischen Wirksamkeit (gemessen durch ein Chlorknallgasaktinometer) geschwächt wird, als wenn es die beiden Gase getrennt passiert und so keine Gelegenheit zur chemischen Arbeitsleistung findet. Die Gesetze beider Arten von Absorption sind identisch; bedeutet J0 die Intensität des einfallenden, J die des austretenden Lichtes und d die Schichtdicke, so wird J = J0 10–ad, worin α den photochemischen Absorptionskoeffizienten bedeutet; bei der optischen Absorption tritt an Stelle dieses bekanntlich der optische Absorptionskoeffizient α'. Setzen sich beide Wirkungen übereinander, so wird also J = J 10–(a + a') d. Für die Strahlen einer Leuchtgasflamme fanden Bunsen und Roscoe z.B., daß rund zwei Drittel der strahlenden Energie optisch absorbiert und somit zur Erwärmung des Gases verbraucht werden, während ein Drittel zur Leistung chemischer Arbeit dient, also photochemische Absorption erfährt. Für die chemische Assimilationsarbeit in lebenden Zellen unter dem Einfluß des Lichtes konnte ferner Th. W. Engelmann [3] direkte Proportionalität mit der photochemischen Absorption nachweisen. Die Arbeit, die das Licht bei der bekannten Einwirkung auf Chlorund Bromsilber leistet, indem es dieses in Subchlorid resp. Subbromid verwandelt, ist eingehend experimentell von Luther [4] untersucht. Arbeitsleistung des Lichts gegen chemische Kräfte liegt weiterhin bei der als Phototropie [5] bezeichneten Erscheinung vor, bei der die Lichtwirkung im Dunkeln wieder zurückgeht. Vgl. a. Photographie. Ausführliches über die photochemische Absorption findet sich in [1] und [2].


Literatur: [1] Poggend. Ann., Bd. 101, 1857, S. 254. – Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Nr. 34 u. 38. – [2] Pringsheim, Wied. Ann., Bd. 32, 1887, S. 384. – [3] Bot. Ztg., 1884, Nr. 6 u. 7. – [4] Luther, Zeitschr. physik. Chemie, Bd. 30, 1899, S. 628. – [5] Marckwald, Zeitschr. physik. Chemie, Bd. 30, 1899, S. 140.

F. Krüger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 36.
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