Belastungsgrenze [2]

[664] Belastungsgrenze. Bei der statischen Berechnung der Bauwerke wird auch »Belastungsgrenze« oder »Belastungsscheide« diejenige Stelle des Bauwerkes genannt, bis zu der die verteilt gedachten zufälligen oder Verkehrslasten reichen müssen, damit in irgend einem Gliede des Bauwerkes die größte oder kleinste Inanspruchnahme entsteht. Lasten, die links oder rechts von der Belastungsgrenze angreifen, üben auf das betreffende Glied entgegengesetzten Einfluß aus. Eine Last, die auf der Grenze selbst fleht, übt auf dieses Glied keinen Einfluß aus.

Die Belastungsgrenze für die Streben eines Fachwerkes mit untenliegender Fahrbahn findet man zeichnerisch auf folgende Weise: Man verlängert (Fig. 1) die Richtungslinie des oberen Gurtstabes bis zu den Auflagerlinien, verbindet A1 mit A' und B1 mit B'; dann bestimmt der Schnittpunkt C der Verbindungslinien die Belastungsgrenze für die Strebe S. Denn man kann A'CB' als das Seilpolygon (s.d.) für eine auf dem Zwischenträger A'B' ruhende Einzellast und A1A'B'B1 als das Seilpolygon für die am Hauptträger angreifenden Auflagerdrücke des Zwischenträgers betrachten. Dann geht die Mittelkraft der links vom Schnitte CC1 angreifenden Kräfte durch den Schnittpunkt der Seilpolygonseiten A1B1 und A'B', also durch den Drehpunkt der Strebe S. Die Strebenkraft wird somit gleich null. Bei obenliegender Fahrbahn vertauschen die obere und die untere Gurtung ihre Rollen. – Bei einem Bogenträger werden die Belastungsgrenzen für Gurtungen und Streben mittels der Kämpferdrucklinie (s.d.) gefunden. Beispielsweise findet man die Grenze G für den Stab U eines zweigelenkigen Bogens (Fig. 2) dadurch, daß man dessen Drehpunkt D mit A verbindet und die Verbindungslinie bis zur Kämpferdrucklinie KK' verlängert. Denn die Auflagerdrücke für eine unter G angreifende Last nehmen die Richtungen AG und BG an, und da AG durch D geht, so wird bei dieser Belastung die Stabkraft U gleich null. Ist der Bogenträger vollwandig gebaut, so treten an Stelle der Drehpunkte die Kernpunkte (s. Kern) der Trägerquerschnitte. Vgl. a. Einflußlinien.

(Ritter) Roth.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 664.
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