Chromleder

[456] Chromleder. Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts tauchten mehrere neue Chromgerbeverfahren, hauptsächlich aber zwei Methoden auf, nach denen gegenwärtig bedeutende Mengen von Chromleder, auch in Deutschland, hergestellt werden: das Zweibadverfahren und das Einbadverfahren.

Bei dem ersteren, das auch Reduktions- oder nach dem Erfinder Schultz-Verfahren (Amerik. Pat. Nr. 504012 und 504013) genannt wird, kommen die gerbfertigen Blößen in eine mit Salzsäure versetzte Lösung von doppeltchromsaurem Kalium (Kaliumbichromat) und verbleiben in derselben so lange, bis die Blößen vollständig von der Lösung durchtränkt sind, was je nach der Stärke in 4–24 Stunden erreicht ist. Hierauf gelangen die Blößen in ein zweites Bad, in dem die von der Blöße aufgenommene Chromsäure mit Hilfe eines Reduktionsmittels in ein Chromoxydsalz übergeführt wird; als Reduktionsmittel verwendet man bei dem Schultz-Verfahren das Schwefeldioxyd, das in dem zweiten Bade in der Weise hergestellt wird, daß man zu einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron (Natriumthiosulfat, Antichlor) Salzsäure zusetzt. Die Reduktion vollzieht sich je nach der Stärke der Blößen in 1/4–2 Tagen, so daß der ganze Gerbeprozeß selbst bei den stärksten Häuten nicht länger als 2–3 Tage in Anspruch nimmt. Das durch Reduktion der Chromsäure auf den Hautfasern niedergeschlagene basische Chromsalz bewirkt die Gerbung, die eine außerordentlich feste ist; chromgares Leder kann in Wasser gekocht werden, ohne daß es sich merklich verändert. An Stelle des Schwefeldioxyds sind auch andre Substanzen, z.B. Schwefelwasserstoff, Milchsäure, Anilinsalze u. dergl., als Reduktionsmittel vorgeschlagen worden; dieselben werden jedoch kaum angewendet.

Bei dem Einbadverfahren werden zur Gerbung basische Chromsalze (basisches Chromchlorid, basisches Chromsulfat, basische Chromsalze organischer Säuren) verwendet; dieselben wirken auf tierische Haut direkt gerbend. Hierbei kommen die Blößen in eine Lösung eines derartigen Salzes, die meist noch einen Zusatz von Kochsalz erhält und in der unter öfterem Verstärken derselben die Blößen so lange verbleiben, bis die innersten Stellen vollständig gar sind. Die Lösungen basischer Chromsalze kommen in hochkonzentrierter Form unter verschiedenen Bezeichnungen, wie Corin, Chromgerbeextrakt, Chromalin, Tanolin u.s.w., in den Handel. Bei dem Einbadverfahren wird das basische Chromsalz direkt von der Blöße absorbiert und bewirkt infolgedessen deren Gerbung. Der Gerbeprozeß dauert bei den stärksten Häuten etwa 6–8 Tage, bei schwächeren Häuten und bei Fellen entsprechend kürzer. Die Trocknung und besonders die Zurichtung des chromgaren Leders richtet sich vollständig nach der Verwendungsweise; dieselben werden mit gewissen Abänderungen ähnlich wie die der entsprechenden lohgaren Ledersorten ausgeführt.

Die nach diesen Verfahren hergestellten Chromleder kommen unter den verschiedensten Bezeichnungen, wie z.B. Corinleder, Dixin, Groiszin u.s.w., in den Handel; man stellt gegenwärtig namentlich folgende Ledersorten in Chromgerbung her: Schlagriemenleder, Näh- und Binderiemenleder, Treibriemenleder, Oberleder (namentlich die feineren Sorten als Ersatz für Kidleder und Chevreauleder; genarbtes Chromkalbleder für Schuhzwecke führt den Namen »Box-calf«), Leder für technische Zwecke, neuerdings auch Vache- und Sohlleder. Die Chromgerbung wird häufig mit vegetabilischer Gerbung kombiniert, wobei die sogenannten Chromkombinationsleder resultieren. Das Chromleder zeichnet sich bei sachgemäßer Herstellungsweise besonders durch folgende Eigenschaften aus: Widerstandsfähigkeit gegenüber Wasser, selbst in der Hitze, Wasserundurchlässigkeit, hohe Reißfestigkeit.

Päßler.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 456.
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